Essen/Gelsenkirchen. Nach der spektakulären Verfolgungsjagd, die sich zwei Bankräuber im vergangenen Herbst quer über mehrere Autobahnen mit der Polizei geliefert haben, zeigen sich die beiden Tatverdächtigen geständig: Vor dem Essener Landgericht geben sich die Essener (54 und 58) gar nicht erst die Mühe, zu beschönigen.
Es klingt wie Kino: Polizeiautos mit Blaulicht und Martinshorn sind den flüchtenden Bankräubern aus Essen im schwarzen Pick-Up auf den Revierautobahnen auf den Fersen. Das SEK schaltet sich ein. In der Luft folgt ihnen „ Hummel VI“. Eine spektakuläre einstündige Verfolgungsjagd war das am frühen Morgen des 8. Oktober vergangenen Jahres, die sich Schrotthändler Günter B (58) und Kaufmann Detlef W.(54) da nach ihrem bewaffneten Überfall auf die Sparkassenfiliale an der Horster Straße in Gelsenkirchen mit der Polizei lieferte.
Sie hatten nicht lange Freude an der Beute in Höhe von 125.000 Euro. Die Flucht endete gegen 10.11 Uhr mit ihrer Festnahme an der Hatzper Straße in Haarzopf. Im Wagen fünf scharfe, geladene Waffen. Die Männer stehen seit diesem Mittwoch wegen schweren Raubes vor der VI. Strafkammer des Essener Landgerichtes. Sie sind geständig, geben sich gar nicht erst die Mühe zu beschönigen.
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Sebastian Lau (34) war ganz vorn. Der Polizeibeamte nahm mit seinem Kollegen in „Erna 11/32“ an jenem Morgen als erster die Verfolgung der Bankräuber auf. Das hört sich bei ihm allerdings weniger spannend an. „Die Fahrweise war abgeklärt und ruhig“, erinnert sich der Polizeibeamte als Zeuge vor Gericht, „120 bis 140 auf der Autobahn.“ Er spricht vom „ zügigen Mitschwimmen im Verkehr.“ Sie seien nicht etwa „ geheizt.“ Und die Fahrten über rote Ampeln? Gefährdungen habe es auch da eigentlich nicht gegeben, berichtet Lau.
Spektakuläre Verfolgungsjagd durch das Ruhrgebiet
Anfangs saß Detlef W. am Steuer. Während der Fahrt wurde gewechselt. Günter B. rückte 'rüber auf den Fahrersitz. „Erna“ folgte dem Pick-Up bis tief ins Essener Stadtgebiet. „Da war nicht zu erkennen, dass sie fliehen wollten“, schildert Lau. Verstärkung von „ Erna 11/31“ kam dazu. Da merkten die Männer, dass sie verfolgt wurden.
SEK fasst Bankräuber in Essen
Über die B224 ging es auf die A42 Richtung Duisburg. Da flogen eine Bier- und eine Sektflasche aus dem Pick-Up. Das reichte wirklich nicht, um die Verfolger abzuhängen. Es ging weiter Richtung Dinslaken, Dortmund. Später zurück nach Mülheim und Essen. Auf der A40 in Bochum kam das SEK dazu. Die Beamten beendeten das Ganze in Haarzopf.
„Wir haben das nicht so häufig, Angeklagte im vorgerückten Alter, in dem man sich eher an Rente orientiert als an Bankraub“, bemerkt einleitend im Prozess Richterin Jutta Wendrich-Rosch. Sehr schmal sind beide Männer, die angegrauten Haare im Nacken nach einstiger Mode etwas länger. Sicher keine Profis auf dem Gebiet des Schwerverbrechens.
Verfolgungsjagd in Essen
Detlef W., nicht vorbestraft, war erfolgreicher Chef eines florierenden Abbruchunternehmens. Er hatte Pech mit seinem Geschäftspartner. Um 400.000 Euro soll der ihn betrogen haben. Beim versuchten Verkauf der Firma soll ebenfalls alles schief gelaufen sein. „Irgendwann ging's nicht mehr“ sagt W. Aber er habe bei seinen Angestellten im Wort gestanden. „Für mich ist das Wort das höchste was es gibt,“ erklärt er.
Beschuldigter B. ist ein Waffennarr
Schulden hatte auch der Günter B., der schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt kam. So etwa 25.000 bis 30.000 Euro fehlten ihm, nachdem er nicht mehr arbeiten konnte, weil sein LKW einen Schaden hatte. Wieso ausgerechnet ein Bankraub der Weg aus der Schuldenfalle sein sollte? „Ich kann die Tat heute noch nicht begreifen,“ meint ratlos Detlef W. Ihm gehörte der Pick-Up und auch die Waffen. Er sei Waffennarr, sagt er, habe sie in den 1990er Jahren von einem Mitarbeiter gekauft. Man habe damit aber niemanden verletzen wollen.
Wilde Verfolgungsjagd
Mit Wollmützen maskiert waren beide in der Sparkasse erschienen. Mit vorgehaltener Waffe brachten sie die Mitarbeiter dazu, erst das Geld aus der Kasse später aus dem Tresor im Keller zu übergeben. Ein Kunde, der während des Überfalls in die Bank wollte, alarmierte die Polizei. Eigentlich war geplant, einen Zettel an die Sparkassentür zu heften, der auf Schließung hinweist. „ Man denkt nicht mehr an alles“, erklärt Detlef W. den fatalen Fehler.