Essen. Die Essener Auszubildenden haben eine vergleichsweise niedrige Abbrecher-Quote. Dennoch werden besonders im Dienstleistungsbereich viele Ausbildungsverträge vor Ablauf aufgelöst. Oft werden die Erwartungen der Azubis von der Realität des Berufes eingeholt.

Die Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BiBB) haben aufgeschreckt: Jede vierte Lehrling in Deutschland wirft vorzeitig das Handtuch. Doch die Situation in Essen ist längst nicht so dramatisch: Im Jahr 2011 lag die Abbrecherquote in der Stadt bei rund zehn Prozent.

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes gab es damals rund 10.600 Ausbildungsverträge. Im Laufe des Jahres wurden insgesamt 1140 vorzeitig gelöst. Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) ist es sogar nur jeder 14. Auszubildende, der im vergangenen Jahr seine Lehre abgebrochen hat. Das geht aus einer aktuellen Statistik der IHK hervor.

Die Abbrecher-Quote dort liegt bei 8,3 Prozent und pendelt seit Jahren auf diesem vergleichsweise niedrigen Niveau, so die IHK. Insgesamt wurden bei der Kammer im vergangenen Jahr 590 Ausbildungsverträge vorzeitig beendet - davon 183 schon in der Probezeit.

Abbrecher vor allem in Dienstleistungsbereich

Dennoch decken sich die Untersuchungen des BiBB und der IHK Essen in einem Punkt: Vor allem im Dienstleistungsbereich brechen Azubis ihre Lehre schon vor Vertragsende ab. Von den 590 Auflösungen bei der IHK entfielen allein 306 auf den Handel und das Hotel- und Gaststättengewerbe.

Der Präsident des Einzelhandelsverbandes, Jürgen Bessel, hat dafür folgende Erklärung: „Möglicherweise könnte das an den Arbeitszeiten im Handel liegen. Die sind wegen der langen Öffnungszeiten und Samstag- und manchmal auch Sonntagarbeit vielleicht nicht gerade attraktiv“. Auch sei es nicht „ganz einfach“, den ganzen Tag im Laden zu stehen. Für Bessel steht deshalb fest, dass sich viele Jugendliche vor Antritt der Lehre zu wenig über den künftigen Beruf informieren. Wer merkt, dass die Ausbildung für ihn nicht passt, der löst den Vertrag besser auf, rät Bessel. „Das ist am Ende für beide Seiten besser.“

Auch beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein weiß man: „Gerade in unseren Berufen ist die Differenz zwischen Erwartung und Realität oft groß“, so Thorsten Helwig.

IHK bietet Hilfe an

Eine Ausbildung vorzeitig zu beenden, heißt in vielen Fällen jedoch nicht, dass der Jugendliche keine Perspektive mehr hat. Viele setzen ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fort oder entschließen sich für ein Studium, betont die IHK. Auch versucht die Kammer sich einzuschalten, wenn es Probleme mit der Ausbildung gibt. Das können Vermittlungsgespräche zwischen Arbeitgeber und Azubi sein oder ausbildungsbegleitende Hilfen, wenn es in der Berufsschule nicht klappt.