Essen. Junges Paar lernt sich am Ruhrkolleg kennen: Dort kann man sein Abi nachholen.
Das Ruhr-Kolleg in Huttrop ist eine Schule für junge Erwachsene, die irgendwann feststellen, dass es ein Fehler war, kein Abitur gemacht zu haben. Dort, am Ruhr-Kolleg, können sie es nachholen. Sie kommen an mit einem Fach-Abi-Abschluss oder Realschul-Zeugnis, manchmal lediglich mit einem Zeugnis aus der Hauptschule. Wer entsprechende Vorkurse erfolgreich meistert und dann sechs Semester diszipliniert arbeitet, schafft es.
70 erfolgreiche Absolventen verabschiedet das Weiterbildungskolleg der Stadt pro Jahr. „Die meisten wollen danach studieren“, sagt Schulleiter Rolf Dieler. Zugangsvoraussetzungen: Genannte Abschlüsse, ein Mindestalter von 18 Jahren – und zwei Jahre Berufserfahrung, wozu auch Zivildienst, Praktika oder Elternzeit zählen.
„Zu mehr reichte es damals nicht“
Farah-Vanessa Valk (26) ging nach der Zwölf vom Gymnasium ab, „zu mehr reichte es damals nicht.“ Sie jobbte im Sonnenstudio, machte ein Praktikum beim Fotografen und begann ein Fernstudium, um als Heilpraktikerin arbeiten zu können. Das Studium schmiss sie, denn: „Mit Schulmedizin hatte das zu wenig zu tun.“ Denn dass sie eigentlich Medizin studieren wollte, „das wusste ich, seit ich 16 bin.“ Am Ruhr-Kolleg ergriff sie die zweite Chance zum Abi – und dann kam quasi wieder was dazwischen.
Ein Mitschüler, Jan, im zweiten Semester, während einer Paris-Fahrt. Das war im September 2010. In diesem Sommer ist Sohn Jonas zur Welt gekommen. „Die Schule hat mich toll unterstützt, ich konnte viel von zu Hause machen, und ohne Familie und meine Freundin Luana hätte alles nicht geklappt“, sagt Farah-Vanessa. Wenige Wochen nach der Geburt schrieb sie ihre Abitur-Klausuren, am Mittwoch hat sie ihr Zeugnis überreicht bekommen.
Ein wichtiger Schritt
Jan übrigens war mit einem Realschul-Abschluss gekommen und mit mehreren Jahren Berufserfahrung in der Finanzbranche, wollte das Abi machen, um Immobilienwirtschaft zu studieren – und fand mittlerweile in Bochum eine private Fachhochschule, die seinen Traum-Studiengang auch für Fach-Abi-Kandidaten anbietet. Entsprechend ist er beim Ruhr-Kolleg etwas früher als geplant ausgestiegen. „Dies hier“, sagt er, „war ein wichtiger Schritt.“ Er schaut Frau und Kind an und lächelt.