Essen. Sally Perel (87) erzählte seine atemberaubende Lebensgeschichte vor 1600 Schülern. 1989 erschien der Film „Hitlerjunge Salomon“, drei Jahre später auch das Buch erstmals in deutscher Sprache: „Ich war Hitlerjunge Salomon“.

Es gibt ihn wirklich, den „Hitlerjungen Salomon“, und jetzt sprach er zwei Tage lang vor allen 1600 Schülern des Berufskollegs im Bildungspark (BiB) im Nordviertel.

Salomon (Sally) Perel ist 87, doch wenn er spricht, dann zieht er auch größte Gruppen Jugendlicher in seinen Bann. Die meisten Schüler hatten als Vorbereitung für dieses Treffen den Film gesehen, viele kennen das Buch, das die wahre, abenteuerliche Geschichte von Perel erzählt, dem es gelang, als Jude vier Jahre in einer Nazi-Akademie als Hitlerjunge zu überleben, ohne aufzufliegen – durch „Glück, Gewitztheit und Intelligenz“, wie Lehrer Bernhard Trautvetter dem Gast bescheinigte.

Zum Hass erzogen

Die vier Jahre an der Akademie für die Hitlerjugend in Braunschweig – „es waren vier Ewigkeiten“, berichtet Perel. „Jeden Abend betete ich, dass ich auch den nächsten Tag nicht erwischt werde.“ Er saß in den Klassenzimmern und hörte sich die absurden Theorien über Rassenkunde und Abstammunsglehre an, und: „Ich fing an, das Ganze zu glauben. Ich fing an, mich selbst zu hassen. Es war doch alles wissenschaftlich bewiesen. Man konnte überhaupt nicht dagegen sein.“

Salomon Perel zu Besuch bei einer Schulklasse in Essen.
Salomon Perel zu Besuch bei einer Schulklasse in Essen. © WAZ FotoPool

Die Lehrer hätten so überzeugend argumentiert, dass auch Perel irgendwann zum Schluss kam: Ja, es gibt sie, die arische Herrenrasse. „Es ist wie Gift“, sagt Perel vor den Schülern, „das jahrelang in dein Gehirn geträufelt wird. Und das fängt irgendwann an zu wirken.“ Auch er brüllte irgendwann begeistert „Sieg heil“, während in Auschwitz das Gas strömte. „Wir wurden zum Hass erzogen, und Hass hat immer Verbrechen zur Folge.“

Deshalb: „Einmal eine KZ-Gedenkstätte zu besuchen, zum Beispiel Auschwitz“, legte Perel den Schülern nah, „halte ich heute für eine menschliche Pflicht.“

Die Schüler stellten kritische Fragen – ob er selbst nie auf Menschen geschossen habe, zum Beispiel. „Nein“, sagte Perel. „Der eine Fingerzug am Auslöser einer Waffe macht den Menschen zum Mörder.“ Stürmischer Applaus im Saal. Ob er, Perel, heute noch an Gott glauben könne. „Nein“, sagte der betagte Mann, „ich bin frei denkender Israeli. Doch ich habe zu viele Fragen an Gott,deshalb bezweifle ich seine Allmächtigkeit.“