Essen. . Die Zukunft beginnt abschnittsweise im Essener Univiertel zwischen Innenstadt und Campus: Während bei einigen Wohnbaufeldern in der „Grünen Mitte“ noch nicht einmal der erste Spatenstich erfolgt ist, brühen sich Mieter und Eigentümer andernorts den ersten Kaffee auf.
Sein Schädel brummt, die Nase läuft, der Fußweg trieft vor Matsche und der Küchenfritze nebenan macht beim Zuschneiden der Arbeitsplatte einen Höllenlärm. Tür zu. Schon die Rom-Reise hat Hans-Rainer Burisch krankheitsbedingt absagen müssen, ein guter Grund eigentlich, so richtig schlechte Laune zu haben, aber irgendwie kriegt er das nicht richtig hin.
Sondern steht auf seinem neuen Balkon im zweiten Stock und erinnert sich, wie das war, damals, im Herbst 2010, als er mit seiner Frau lange vergeblich nach neuen vier Wänden suchte, um sich etwas kleiner zu setzen. Wie er an den Prospekt fürs Univiertel geriet und die Burischs sich dachten: Diese 92 Quadratmeter, „ja, das könnte es sein.“
Das ist es auch geworden für den einstigen Leiter des städtischen Wahlamts und seine Frau und für all die anderen, die in diesen Tagen und Wochen erstes Leben in das Quartier zwischen Innenstadt und Uni-Campus bringen. Es wimmelt nur so von Baustellen-Geschäftigkeit in allen Phasen:
An den Klingelschildern der Eigentumswohnungen von Dornieden hängen schon akkurat ausgedruckte Namensschilder und ein Gärtner lockert die Rollrasen-Felder mit kleinen Rabatten voller Gräser auf, beim Hochtief-Komplex nebenan stehen gleich vier Möbelwagen vor der Tür, während die Dachbegrünung der Tiefgarage eingeharkt wird und das Schaukelgerät auf die erste Belastungsprobe durch die Kurzen wartet.
Allbau-Mieter kommen ab Februar
Etwas warten müssen noch die Mieter beim Allbau gegenüber: In zwei Monaten, am 1. Februar, ist dort Einzug, 80 Prozent der Wohnungen sind vergeben, ein paar ganz große sind noch frei: „Verständlich, die wollen erst sehen, wie das so wird“, sagt Allbau-Sprecher Dieter Remy.
Es wird schön, zumindest, wenn man „keine Landpomeranze“ ist, wie Burisch augenzwinkernd bemerkt: „So’n bissken Häuser drum herum – wir brauchen das.“ Ein städtisches Viertel eben, das da abschnittsweise wächst: Im Osten des Univiertel-Areals, gleich neben dem Hörsaal-Zentrum für die Uni haben die ersten acht von 19 Stadtvillen der Eckehard Adamas Wohnungsbau GmbH das Kellerdasein hinter sich, für „Park View“ einen Wohnkomplex neben dem AOK-Neubau ist die Baugrube bereits ausgehoben, und in ein paar Wochen sollen auch die zwei übrigen Wohnprojekte in die Baugrube gehen: Evonik Wohnen und das Versorgungswerk der Architektenkammer NRW im Westen, wo Burischs derzeit noch auf Erdhügel schauen.
Neubauten im Uni-Viertel
W e n n sie hinschauen, denn es gilt noch auf so viele Kleinigkeiten zu gucken: Warum wird der Anschluss mit Glasfaserkabel so teuer? Warum stiefelten auch nach der Wohnungsübergabe noch Bauarbeiter durchs neue Domizil? Und wieso sind da unten vor der Haustür jetzt zwei Treppenstufen, wo der Prospekt nur eine vorsah? „Eine Stufe kommt man ja mit dem Rollator noch hoch“, sagt Burisch und lacht erleichtert: Ist zum Glück ja noch nicht so weit.
Leider dauert’s auch noch ein paar Monate, bis im Allbau-Komplex nebenan ein Café samt Bäckerei einzieht. Egal. Kein Grund, mehr als bisher verschnupft zu sein.
Universitätsviertel in Zahlen
Rund 13,3 Hektar (= 27 Fußballplätze) groß ist das Universitätsviertel – Grüne Mitte Essen. Allein vier Hektar davon machen Grün- und Wasserflächen in der Geländemitte und der Fuß- und Radweg am nördlichen Rand aus. Insgesamt entstehen rund 400 Wohneinheiten in verschiedenen Bauprojekten, dazu rund 60.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für Büros – darunter der Neubau der AOK-Zentrale und der neue Standort für die WAZ-Unternehmensgruppe. Insgesamt investiert die öffentliche Hand ca. 32 Millionen Euro, Private weitere 500 Millionen.