Essen. . Bei der Gewerbeimmobilienmesse „Expo Real“ in München gab die WAZ-Mediengruppe erstmals den Blick auf die Siegerentwürfe des Architektenwettbewerbs für den neuen Firmensitz im Essener Univiertel preis. Auch 500 Miet- und Eigentumswohnungen sowie 19 Stadthäuser und die neue AOk-Zentrale sollen im Univiertel entstehen.

Auf einer Messe, die Projekte gleich massenhaft feilbietet, ist dieses Essener Quartier streng genommen fehl am Platz. Investoren? Nein danke, wir haben schon genug: Die neue „grüne Mitte“ im Universitätsviertel nördlich der Innenstadt ist ausverkauft. Und die Präsentation auf der Münchner „Expo Real“ darum weniger ein Plan für das, was man sich hier gern wünschte, als vielmehr triumphierender Verweis auf das, was man in einem atemberaubenden Tempo hinbekommen hat.

500 Miet- und Eigentumswohnungen sowie 19 Stadthäuser entstehen auf diesem 13,5 Hektar (rund 27 Fußballplätze) großen Grundstück, die neue AOK-Zentrale, dazu moderne kleinteiligere Büros. Und als krönender Schlussstein in einem hochwertigen Mosaik das „Media Office“ der WAZ-Mediengruppe, zu der auch die NRZ gehört: 36.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für einen neuen Unternehmenssitz, der mit ungewohnter Transparenz näher ran rücken will an Leser und Anzeigenkunden und alle, denen die Kommunikation am Herzen liegt.

Jury lobt „wohltuende Eleganz“

Wie sich dieser Anspruch auch baulich umsetzen lässt, zeigt sich an den fünf Siegerentwürfen des Architektenwettbewerbs, die Joachim Kopatzki von der Geschäftsleitung der WAZ-Mediengruppe in München erstmals vorstellte. Welcher davon am Ende gebaut wird, ob die von der Jury gelobte „wohltuende Eleganz“ des 1. Preisträgers KSP Jürgen Engel überzeugt, die „klare selbstbewusste städtebauliche Haltung“ des zweitplatzierten Büros „AllesWirdGut“ aus Wien oder die drei folgenden Sieger-Ideen – dies entscheiden die Gesellschafter nach Kopatzkis Worten voraussichtlich noch bis zum Jahresende.

Oberbürgermeister Reinhard Paß, der eigens nach München angereist war, machte deutlich, dass er mit jedem der fünf Entwürfe hervorragend leben kann, weil er das Signal dahinter für wichtiger hält: Die WAZ-Mediengruppe, das sei eben „nicht irgendeiner, der ein weiteres Büro baut“ und die Genugtuung deshalb groß, dass die Wahl des Bauplatzes auch als Ausweis von Standortqualität verstanden werden muss.

Eine „wundervolle Abrundung“ des Univiertels, wie Essens oberster Wirtschaftsförderer Dietmar Düdden sagte, eine Entscheidung, „die sich herumsprechen wird“, wie Planungsdezernent Hans-Jürgen Best ergänzte, und warum nicht in München dabei nachhelfen, denn gerade nördlich der A40 gibt es für Projektentwickler in Essen noch viel zu tun: „Hier liegt die Zukunft“, so Best.

"Wir wussten genau, was wir wollen, wir wussten nur nicht, wie es aussieht"

Dabei galt der Entwurf fürs „Media Office“ mit rund 1.000 Arbeitsplätzen als ausgesprochen anspruchsvolle Aufgabe, wie der erstplatzierte Architekt Jürgen Engel einräumt: Die WAZ-Unternehmensgruppe hatte ein detailliertes Raumprogramm erarbeitet, dem die Architekten eine maßgeschneiderte Hülle verpassen sollten.

„Wir wussten genau, was wir wollen, wir wussten nur nicht, wie es aussieht“, formuliert es Kopatzki: Effizient und flexibel, offen und einladend sollte der Bau sein, dabei von hoher Qualität, aber „nicht so protzig, dass der Eindruck entsteht, wir verprassen dort die Abo-Gebühren unserer Zeitungsleser oder die Erträge unserer Anzeigenkunden“. Immerhin, es gibt schon jetzt belastbare Zahlen darüber, dass der Neubau im Univiertel am Ende deutlich wirtschaftlicher wird als der jetzige Altstandort an der Friedrichstraße. Für den wird ein Käufer gesucht, notfalls, so ist fest vereinbart, übernimmt die Stadt das Areal.

Ein wenig Geduld ist gleichwohl noch vonnöten: Projektentwickler werden sich des Vorhabens jetzt annehmen, ein Investor muss gefunden werden, denn die WAZ-Unternehmensgruppe will im Haus nur Mieter sein. Der Baubeginn ist für Herbst 2013 vorgesehen, der Bezug des „Media Office“ für das Jahresende 2015. „Ein Juwel“, sagt Architekt Engel, das nicht nur er gerne polieren würde.

Zur Person: Jürgen Engel

Ob sein Büro am Ende das Rennen ums „Media Office“ macht, diese Entscheidung steht noch aus. Fest steht aber, dass mit Jürgen Engel ein Architekt von internationalem Rang den Siegerentwurf hinlegte: Rund 200 Mitarbeiter beschäftigt der 58-Jährige in Köln, Berlin, München, Braunschweig und Frankfurt sowie in drei Büros in Peking, Hanoi und Algier. Engel entwarf unter anderem die Deutsche Börse in Frankfurt, die Chinesische Nationalbibliothek in Peking und die KZ-Gedenkstätte in Bergen-Belsen.

Gebaut wird nach seinen Plänen derzeit zudem die drittgrößte Moschee der Welt in Algier. Übrigens war das Architekturbüro KSP Jürgen Engel schon einmal siegreich im Univiertel, nur wenige Meter vom „Media Office“ an der Segerothstraße entfernt. – Der „Bücherstapel“-Entwurf für die neue Uni-Bibliothek wurde bislang allerdings noch nicht gebaut: Der Uni fehlte schlicht das Geld.