Essen. 70 ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich im Ronald Mc Donald Haus, wo Eltern schwer kranker Kinder ein Zuhause auf Zeit finden. Einer von ihnen ist Günter Ceisig, der selbst um seinen Enkel bangte
An ein Ehrenamt hat Günter Ceisig eigentlich nicht gedacht, als er vor vier Jahren in Rente ging. Auch das von Hundertwasser entworfene Ronald Mc Donald Haus am Rande der Gruga kannte der Stoppenberger bislang nur von gelegentlichen Spaziergängen durch den Park. Was sich hinter der ungewöhnlichen Fassade verbirgt, war ihm lange nicht bewusst.
Dann wurde vor drei Jahren sein Enkel zu früh geboren und musste im Uniklinikum auf der speziellen Frühchen-Intensivstation behandelt werden. Sohn und Schwiegertochter waren Tag und Nacht bei ihrem tapfer kämpfenden Kind. Trost und ein Zuhause auf Zeit fanden sie in dieser schwierigen Lebenssituation im Ronald Mc Donald Haus. Dort können Familien schwer kranker Kinder wohnen, um möglichst nah bei ihren Kleinen zu sein.
70 Ehrenamtliche sorgen für eine besondere Atmosphäre
„Die Fürsorge, die meine Familie hier erfahren hat, war unglaublich“, sagt Günter Ceisig. 70 Ehrenamtliche sorgen seit Bestehen des Elternhauses für einen reibungslosen Ablauf, kümmern sich um Haus und Garten, kochen und putzen, sind Ansprechpartner für alle Belange der Bewohner und prägen die besondere Atmosphäre. Da war es nur folgerichtig, etwas von der Hilfe, die die Ceisigs erhalten haben, zurückzugeben. Die Idee kam vom Sohn, der den Vater kurzerhand bei der Ehrenamtskoordinatorin des Hauses anmeldete, „damit ich meiner Frau nicht auf den Geist gehe“, sagt Ceisig und schmunzelt.
Schnell war der 69-Jährige im Team integriert, bringt seit mehr als drei Jahren sich und sein handwerkliches Geschick ein, pflegt die Außenanlage oder säubert die Toiletten. „Ich bin irgendwie ein Mädchen für alles“, sagt Ceisig. Der ehemalige Sparkassenmitarbeiter („ich habe Kunden betreut, die ihre Kredite nicht zurückzahlen konnten“) ist auch manchmal in Sachen Finanzen unterwegs, sammelt die aufgestellten Spendenboxen ein, „da habe ich natürlich einen Vertrauensvorschuss“.
Ursprünglich auf wöchentlich drei Stunden angelegt, ist Ceisig inzwischen fast täglich im Haus unterwegs, bereitet Veranstaltungen vor oder organisiert Führungen. Der Kontakt zu den betroffenen Eltern, die in den Apartments wohnen, ist ganz unterschiedlich. „Manche wünschen ein Gespräch oder Zuspruch, andere bleiben lieber ganz für sich.“ Niemand drängt sich auf, das ist ein ungeschriebenes Gesetz der Einrichtung, das alle befolgen.
Niemand drängt sich den betroffenen Eltern auf
Trotzdem erleben die engagierten Mitarbeiter immer wieder schwere Momente, wenn, was leider häufiger vorkommt, ein Kind verstirbt. „Den Schmerz der Eltern zu sehen, macht mich oft sehr sprachlos und traurig.“
Ein Trost sind die schönen Augenblicke. Etwa, wenn aus den zusammengewürfelten Elterngemeinschaften Freundschaften fürs Leben entstehen. Oder wie sich die Familien untereinander stützen und trösten. „Optimismus, Lebensfreude und Dankbarkeit erleben wir, trotz schwerer Schicksale, jeden Tag.“
Ein besonderer Tag ist auch das alljährliche Sommerfest, zu dem alle ehemaligen Bewohner des Hauses eingeladen werden. Selbstverständlich nimmt Günter Ceisigs Familie regelmäßig daran teil. Aus dem einstigen Frühchen, um dessen Leben die Eltern und Großeltern lange bangten, ist inzwischen ein aufgewecktes, gesundes Kind geworden.