Rüttenscheid. . Der Bürger- und Verkehrsverein Rüttenscheid feiert Jubiläum. Die ihm verbundene Stiftung konnte bereits 300 000 Euro für kranke und behinderte Kinder ausschütten. Für die Zukunft will der Verein ein zweites Haus für Menschen mit Behinderung einrichten.

Als der Bürger- und Verkehrsverein Rüttenscheid (BVR) vor 60 Jahren gegründet wurde, war Hilfe oberstes Gebot. Die Menschen litten Not, versuchten, die Nachwirkungen des Krieges in den Griff zu bekommen. Damals rief Karl Hohlmann den Verein ins Leben. Seine Überzeugung: „Des Nächsten Leid zu lindern hilft, das eigene zu vergessen.“

Noch heute sind Hilfe und Unterstützung für die Rüttenscheider die wichtigsten Ziele des überparteilichen Vereins, der aktuell rund 100 Mitglieder hat. Eng mit dem Verein verknüpft ist die Stiftung Rüttenscheid, die 1970 ins Leben gerufen wurde. Sie startete mit einem Kapital von 25 000 D-Mark, das festverzinslich angelegt wurde. Seitdem fließen Gelder aus Mitgliedsbeiträgen, aus dem Erlös der Stände beim Rü-Fest und aus dem BVR-Stand am dritten Advent an der Siechenhauskapelle, wo sich die Bürger bei Plätzchen, Glühwein und Würstchen treffen (in diesem Jahr ausgefallen), sowie aus Spendensammlungen. „Die Stiftung Rüttenscheid hat bereits mehr als 300 000 Euro für kranke und behinderte Kinder ausgeschüttet“, freut sich Oliver Ottmann, Vorsitzender des Vereins und Nachfolger von Herbert Bauckhage, der wiederum 1983 auf den Gründer Karl Hohlmann gefolgt war.

Die Schecks für verschiedene soziale Zwecke - das Kuratorium stimmt über die Verwendung des Geldes ab, der Verein für Kinderhilfe ist in jedem Jahr dabei - werden traditionsgemäß im Rahmen des Rü-Festes übergeben. Jährlich wird eine Summe von etwa 5000 Euro gespendet.

„Minimalismus war Hohlmanns Ding“, schmunzelt Ottmann. Und so unterhält der BVR sein sehr kleines, aber gerade frisch renoviertes Büro - im Karl-Hohlmann-Haus an der Rüttenscheider Straße 157. Das 1982 fertiggestellte und 1983 nach dem damals bereits verstorbenen Karl Hohlmann benannte Haus gehört dem BVR und war das erste komplett barrierefreie Mehrfamilienhaus in Essen.

In der Geschäftsstelle steht ein Team des BVR mit dem Vorsitzenden Ottmann den Rüttenscheidern im Rahmen der Bürgersprechstunde freitags von 11 bis 13 Uhr bei Fragen und Problemen vieler Art, sei es das Parken auf dem Marktplatz, Ärger mit der Verkehrsführung, bei Ämtergängen oder ganz persönlichen Dingen hilfreich zur Seite. „Manchmal können wir gar nicht helfen, aber oft reicht es schon, einfach zuzuhören“, weiß Ottmann, der sich auch telefonisch um die Belange der Bürger kümmert. „Wir machen das alle ehrenamtlich, es gibt keine Aufwandsentschädigung, keinerlei Vergünstigungen. Wer sich hier engagiert, ist garantiert mit ganzem Herzen bei“, ist die zweite Vorsitzende Gabriele Reinders überzeugt.

Im zentral gelegenen Karl-Hohlmann-Haus hat seit der Einweihung auch der Blindenhilfsverein seine Räume, die durch die sich selbst öffnende, breite Haustür und den durchgehenden Taststreifen auf dem Boden für Blinde gut erreichbar sind. Im Haus gibt es außerdem zehn Wohnungen, die der BVR an Menschen vermietet, die auf den Rollstuhl angewiesen und finanziell nicht gut gestellt sind.

„Das sind zum Teil sehr harte Schicksale“, erklärt Ottmann und denkt dabei zum Beispiel an den jungen Fußballer, der mit Anfang 30 aufgrund einer Verwechslung Opfer einer Messerattacke wurde und seitdem im Rollstuhl sitzt. „Die meisten Bewohner sind naturgemäß älter. Wer hier nicht mehr leben kann, dem bleibt eigentlich nur noch das Pflegeheim“, sagt der Vorsitzende.

Der Bedarf an solchen barrierefreien Wohnungen übersteige das Angebot bei weitem. „Wir haben viel mehr Anfragen als Wohnungen“, so Ottmann. Ziel sei deshalb, ein zweites Haus dieser Art, möglichst ebenfalls in Rüttenscheid, zu eröffnen. „Toll wäre es natürlich, jemanden zu finden, der etwas Gutes tun möchte und gleichzeitig ein Haus zu vererben, aber keine Nachkommen hat“, sagt Ottmann, der von ähnlichen Fällen bereits gehört hat. Das Haus könne dann nach dem Spender benannt werden. „Auch einen Hauskauf können wir uns vorstellen“, setzt Ottmann angesichts des sozialen Zwecks auf ein Entgegenkommen der Banken, die teils selbst Mitglied im BVR sind.

Wer helfen möchte, kann sich an den BVR per E-Mail unter info@bvr-ruettenscheid.de oder an Oliver Ottmann, 26 75 84, wenden.