Essen. Ein 25-jähriger Essener steht vor Gericht, weil er versucht haben soll, seine eigene Mutter zu vergewaltigen. Ein psychiatrisches Gutachten sieht eine Psychose als Grund für die Tat. Auch seine frühere Lebensgefährtin erhebt Vorwürfe: Zweimal soll er sie im Schlaf sexuell missbraucht haben.

Kinder, die ihre Eltern betrügen, schlagen oder gar töten, kennt die Strafjustiz; immer mal wieder. Was aber Staatsanwältin Alexandra Rott am Dienstag vor der XVI. Essener Strafkammer vorliest, ist die absolute Ausnahme vor Gericht. Ein Sohn, 25 Jahre alt, der seine eigene Mutter zu vergewaltigen versucht haben soll.

Es ist das erste Mal, dass die beiden seit dem 26. Juni wieder aufeinander treffen. Vom Richtertisch aus gesehen sitzt links der Sohn, vorgeführt aus dem Zellentrakt. Rechts hat die Mutter als Nebenklägerin Platz genommen. Als sie in der Mitte des Saales am Zeugentisch aussagt, sitzt neben der 49-Jährigen ihr Anwalt Eckhard Hülshoff, schirmt sie gegen ihren Sohn ab.

Zuerst eine Pizza gegessen

Am 26. Juni hatte er laut Anklage an ihrer Wohnungstür im Essener Osten geklingelt. Hunger hat sie, und so macht sie ihm eine Pizza. Sie wartet nicht ab, sondern geht in das Zimmer ihres anderen Sohnes, um dort zu putzen. Plötzlich kommt der Angeklagte ins Zimmer, seine Hose hat er ausgezogen, und bedrängt sie. Sie schreit laut: „Lass das sein!“ Und er hört tatsächlich auf.

Aber nur für kurze Zeit. Als sie sich an ihm vorbei aus dem Zimmer stehlen will, packt er sie, gibt ihr eine Kopfnuss. Dann zieht er sie hinter sich her zum Bett, wo er sie auszieht. „Schlampe“ gehört noch zu den harmlosen Beleidigungen, die sie hört. Außerdem spuckt sie ihm ins Gesicht. Erst als es an der Türe schellt, hört er auf. Durchs Fenster flüchtet er mit einem Sprung nach draußen.

Keine Erklärung für die Tat

Es fällt ihm schwer, über diese Tat zu reden. Es sei schon so gewesen, sagt er. Ihm fehle aber jede Erinnerung daran, er habe auch keine Erklärung dafür. Seine Mutter schildert die Tat so, wie sie in der Anklage steht. Seit Weihnachten vergangenen Jahres sei es mit dem Sohn schlimmer geworden. Sie führt es auf den Beziehungsstress mit seiner Freundin zurück. Aber sie erzählt auch, wie die Augen ihres Sohnes während der Tat „groß und leer“ gewesen seien.

Die psychiatrische Gutachterin Marianne Miller sieht vorläufig eine Psychose als Grund für die Tat. Der früher schon durch Aggressionen aufgefallene Angeklagte ist deshalb in der Essener Forensik untergebracht und wird behandelt. „Das ist jetzt der richtige Platz für ihn“, sagt sein Verteidiger Knuth Meyer-Soltau.

Zweite Anklage

Am nächsten Prozesstag geht es um die zweite Anklage gegen den 25-Jährigen. Sie beruht auf Vorwürfen, die seine ehemalige Lebensgefährtin gegen ihn erhoben hat. Einmal soll er sie getreten, zweimal im sehr tiefen Schlaf sexuell missbraucht haben. An diese Nächte will er sich erinnern können, sagt er am Dienstag. Davon stimme gar nichts.