Essen. Ein Umzugs-Unternehmer aus Essen-Borbeck findet seit fünf Jahren keinen geeigneten Lehrling. Die jungen Männer nahmen die Ausbildung nicht ernst und waren unmotiviert. Nun macht er sich um die Zukunft seiner Firma Gedanken.
Über 200 Ausbildungsstellen sind in Essen dieses Jahr unbesetzt geblieben, weil die Unternehmen dafür keine geeigneten Bewerber gefunden haben. Einer der betroffenen Chefs ist Ulrich Borg. Der Geschäftsführer des Umzugsunternehmens Meinrich aus Borbeck suchte jedoch nicht nur dieses Jahr vergebens einen Lehrling.
Seit 2008 will Borg junge Leute zur Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice ausbilden. Doch schon vier Mal musste er einen Azubi kurz nach der Einstellung wieder auf die Straße setzen - immer aus den gleichen Gründen, wie er sagt: Die jungen Männer nahmen die Ausbildung nicht ernst, waren unmotiviert oder entpuppten sich als ungeeignet.
Schulschwänzen und Beleidigungen
Zwei von ihnen hätten die Berufsschule geschwänzt. Er sei lang genug auf die Schule gegangen. Darauf habe er jetzt keine Lust mehr, musste sich Borg anhören. Den anderen mahnte er ab, weil er zudem ein Lehrer-Schreiben gefälscht habe. Der dritte habe sich respektlos gegenüber den Mitarbeitern verhalten. Und der Vierte sei den Anforderungen nicht gewachsen gewesen. Er zog die Lehre letztlich nicht durch.
Borg kann daher die Klagen von Verbandsspitzen nur unterstreichen. Laut Industrie- und Handelskammer Essen sowie Kreishandwerkerschaft hätten viele Unternehmen gern mehr Azubis eingestellt. Der Chef der Kreishandwerkerschaft Ulrich Meier beschwört fast gebetsmühlenartig, dass 25 Prozent der Schulabgänger nicht reif für eine Ausbildung seien.
Borg räumt ein, dass sein Gewerbe für viele junge Leute sicher nicht zu den Traumberufen zählt. Körperlich harte Arbeit und flexible Arbeitszeiten sind nicht gerade Bedingungen, die Bewerber in Scharen anziehen.
Kein geeigneter Bewerber
Aber dennoch ist Borg überzeugt, dass sich das Berufsbild des Möbelpackers gewandelt habe. „Heute ist es eine Mischung aus Möbeltischler, Kraftfahrer, Installateur und Elektriker“, wirbt er für sein Gewerbe.
Dieses Jahr suchte Borg das erste Mal einen Lehrling über die Arbeitsagentur. Immerhin landete ein Dutzend Bewerbungen auf seinem Schreibtisch. Ein geeigneter Bewerber sei jedoch nicht dabei gewesen. „Da kamen Schreiben, das können Sie sich nicht vorstellen“, winkt er ab. Entweder wimmelten sie vor Fehlern, oder es fehlten Zeugnisse. Einer der Bewerber habe gar die Seiten seines Anschreibens einfach aus einem Ringblock ausgerissen.
Ulrich Borg gibt dennoch nicht auf. „Ich muss an das Unternehmen denken“, sagt der 58-Jährige, dessen Sohn schon im Betrieb mitarbeitet. „Wenn mein Sohn später auch mal auf solche Bewerber zurückgreifen muss, wie ich, dann mache ich mir um die Firma Sorgen“, sagt Borg, der seit 27 Jahren Unternehmer ist.