Essen. Horst Janson kämpft in der beeindruckenden Bühnenversion von „Der alte Mann und das Meer“ nicht nur mit der Natur, sondern auch gegen die Tücken des Alters. Die Adaption von Ernest Hemingways berühmter Erzählung beeindruckten das Premierenpublikum im Theater im Rathaus in Essen.

Sprachgewalt, Schauspielkunst und gefühlvolle Musik bilden in der Bühnenversion von „Der alte Mann und das Meer“ eine eindrucksvolle Einheit. Die durchweg gelungene Adaption von Ernest Hemingways berühmter Erzählung findet poetische Bilder und Töne, die das Premierenpublikum im Theater im Rathaus zu beeindrucken wussten.

Links eine Hütte, rechts eine Strandbar, vorne ein Boot, das auf einem Meer aus Plastikflaschen ruht: Mit einfachen Mitteln hat Landart-Künstler StefaNo das Bühnenbild nach Plänen von Jens Hasselmann und Marie-Luise Gunst realisiert. Hasselmann, der zudem die Bühnenfassung geschrieben und Regie geführt hat, und Gunst sind auch auf der Bühne zu sehen – und vor allem zu hören: Er gibt den Gitarristen der vierköpfigen Band. Sie führt als Barkeeperin mitunter auch singend durch die Geschichte. Und das tut sie mit poppiger, leicht rauer Stimme, die perfekt zum karibischen Flair der eigens für dieses Stück komponierten Songs passt.

Aspekt des Alterns

Und dann ist da Horst Janson, der sich für die Geschichte über den alten Fischer Santiago, der nach 84 erfolglosen Tagen auf hohe See den Fang seines Lebens macht, als Idealbesetzung erweist. Janson trifft genau die Balance zwischen Altersmüdigkeit und Entschlossenheit, die den Charakter ausmacht. Denn obwohl der Fisch, den der Greis endlich an der Angel hat, das Schiff tagelang vor sich herzieht, und Santiago langsam zu zermürben droht, gibt er nicht auf.

Während Hemingways Vorlage, die wohl den Grundstein zu dessen Literaturnobelpreis legte, vor allem als Parabel für den Kampf des Menschen mit der Naturgewalt gilt, betont Hasselmanns Interpretation noch einen anderen Aspekt: In dem Stück sticht der Aspekt des Alterns heraus. Santiago erscheint als zweifelnder, nachdenklicher Mann mit wachem Geist, dessen Körper ihn langsam im Stich lässt. Ein Mann, der sich diesem Schicksal allerdings nicht ergeben will, sondern weiterkämpft – wenngleich er nicht immer weiß wofür.

Unaufgeregte Inszenierung

Dieser Aspekt wirkt umso stärker im Kontrast des kleinen Manolin, den der aufgeweckte Jungdarsteller Silas Haake auf der Essener Bühne mimt. Als euphorischer Bewunderer und treuer Freund Santiagos wirkt er wie ein verzerrtes Spiegelbild des alten Mannes, eines, das seine verlorene Jugend und verblassten Träume nur umso deutlicher erscheinen lässt.

Dass die eher unaufgeregte Inszenierung zuweilen dahinplätschert wie das Meer, ist da kein Nachteil: Denn durch diesen melancholischen Unterton brennt sich das Stück umso nachhaltiger ins Gedächtnis des Publikums ein.