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Auf dem Friedhof Rellinghausen sind sie seit Donnerstag in Betrieb, weitere werden folgen: Überwachungskameras halten nun auch in Stadt-Arealen Einzug, die man gemeinhin für Horte des Friedens hält. Das ist vorbei.

Auf Essens Friedhöfen ist die Kriminalität inzwischen Alltag. Buntmetalldiebe durchstreifen die Gräberreihen nach Grablampen, Vasen und anderer Beute, selbst Raubüberfälle hat es in den letzten Wochen gegeben. „Die Friedhöfe sind nicht mehr die Tabuzonen, die sie mal waren“, bedauert Eckhard Spengler, Sprecher der Stadt-Tochter „Grün und Gruga“. Die Kameras sollen abschrecken und die Straftaten aufklären helfen.

Besonders betroffen von den Aktivitäten der vornehmlich osteuropäischen Diebesbanden sind neben Rellinghausen der Friedhof Am Hallo in Stoppenberg und der Nordfriedhof in Altenessen. Auch dort will die Stadt demnächst Videokameras installieren, und in Rellinghausen soll es sogar mehrere geben. Kostenpunkt pro Überwachungseinheit: bis zu 1200 Euro. „Spaß macht uns das alles nicht“, sagt Grün- und Gruga-Verwaltungsleiter Klaus Grütz, „aber Schulterzucken kann ja auch keine Lösung sein“.

„Wir finden Motorradspuren auf Gräbern"

Grütz weiß natürlich, dass ein paar Kameras auf so riesigen Flächen für entschlossene kriminelle Energie kein unüberwindliches Hindernis sind. „Allein die städtischen Friedhöfe umfassen, 250 Hektar und haben ein Wegesystem von 200 Kilometer Länge“, rechnet er vor. „Das können wir natürlich nicht lückenlos überwachen.“ Aber mehr als Symbolik seien die Kameras schon. Tagsüber sähen sie genauso weit wie das menschliche Auge, nachts immer noch so viel, dass kein Ganove sich wirklich sicher fühlen könne.

Grütz ist immer wieder erschüttert über das, was heutzutage alles auf Friedhöfen passiert. „Wir finden Motorradspuren auf Gräbern, wir finden Ansammlungen leerer Flaschen, die auf heftige Saufgelage schließen lassen.“ Pietät spiele im Wertesystem vieler Zeitgenossen offenbar keine Rolle mehr. Auch gegen solche Exzesse sollen die Kameras helfen - so jedenfalls die Hoffnung.

Überwachte Friedhöfe

Ilse Lunau (68):
Ilse Lunau (68): "Dass ich jetzt hier gefilmt werde, finde ich überhaupt nicht schlimm. Schließlich habe ich nichts zu verbergen. Man fühlt sich einfach sicherer."Foto: Alexandra Umbach © fotoagentur-ruhr
Heinz Lunau (81):
Heinz Lunau (81): "Schlecht ist das nicht. Es passiert ja sonst soviel. Es gibt einem schon das Gefühl von Sicherheit, auch wenn die Kameras sicher nicht jeden Winkel erfassen." Foto: Alexandra Umbach © fotoagentur-ruhr
Heribert Lunau (71):
Heribert Lunau (71): "Es geht ja nicht nur um Diebstahl. Der Vandalismus stört auch die Totenruhe. Deshalb sind die Kameras schon in Ordnung. Das ist hier schließlich eine Ruhestätte."Foto: Alexandra Umbach © fotoagentur-ruhr
Anneliese Gedaschke (72):
Anneliese Gedaschke (72): "Die Kamera ist mir gar nicht aufgefallen, auch das Schild am Eingang habe ich übersehen. Wenn es etwas nutzt, dann finde ich das natürlich gut."Foto: Alexandra Umbach © fotoagentur-ruhr
Erika Bergmann (68):
Erika Bergmann (68): "Ich finde das Aufstellen der Kameras sehr gut. Bei uns am Grab haben sie auch schon eine selbst gebastelte Lampe gestohlen. Das gibt uns jetzt etwas mehr Sicherheit"Foto: Alexandra Umbach © fotoagentur-ruhr
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Probleme rechtlicher Art sieht Grütz nicht. „Wir haben vorher eine Rechtsgüterabwägung vollzogen und uns rechtlichen Rat geholt.“ Ergebnis: Der Datenschutz und die informationelle Selbstbestimmung seien kein Hindernis für die Installation von Kameras. „Sicherheitserwägungen genießen hier aber eindeutig den Vorzug.“ Harmlose Friedhofsbesucher müssten sich keine Sorgen machen. Die aufgezeichneten Daten würden nach längstens einem Tag vernichtet. „Unsere Mitarbeiter sehen sich morgens das von der Kamera Aufgezeichnete an, und wenn nichts auffallendes darunter ist, wird sofort gelöscht.“ Sollte die Kamera einen potenziellen Täter erfasst haben, werde die Polizei eingeschaltet.

Grütz hatte durchaus Bedenken, ob die Kameras nicht von normalen Friedhofsbesuchern als Belästigung aufgefasst würden. Schließlich ist der Friedhof auch ein Ort sehr privater Gefühle, die nicht jeder aufgezeichnet wissen will. „Ich habe aber ganz im Gegenteil nur positive Reaktionen bekommen.“ Nicht zufällig wird aber an den Friedhofspforten vor dem Einsatz der Kameras gewarnt. Das soll nicht nur mögliche Täter abschrecken, so will man auch dem Datenschutz Genüge tun. „Wir werden schon sehr vorsichtig vorgehen müssen“, sagt Sprecher Eckhard Spengler.

Wachdienste zu teuer

Grütz verhehlt auch nicht, dass andere Städte wenig Sinn in der Kamera-Überwachung sehen, weil sie sie als nutzlos erachten. „Die Alternative wäre aber gar nichts zu tun, und das war uns dann doch zu wenig.“ Für wünschenswerte aufwendigere Sicherheitsmaßnahmen, etwa nächtliche Kontrollen durch Wachdienste, fehlt das Geld.