Essen. Seit 30 Jahren ist das Haus der Begegnung am Weberplatz Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung. Anlass für den Verein „Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen“ ein Sommerfest zu organisieren und vor allem den Blick zurück und nach vorn zu werfen.

Seit 30 Jahren ist das Haus der Begegnung am Weberplatz Anlaufstelle für Menschen mit Behinderung. Anlass für den Verein „Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen in Essen“ ein Sommerfest zu organisieren und vor allem den Blick zurück und nach vorn zu werfen.

„Vielleicht könnte man es folgendermaßen beschreiben: Wenn ein Haus im Nachhinein behindertengerecht ausgestattet wird, dann ist das Integration – wenn man aber beim Häuserbau automatisch darauf achtet, ist es Inklusion.“ Und, so könnte man die bildliche Erklärung des Vereinsvorsitzenden Reinhard Osterfeld vollenden, dann ist ein großer Teil der Arbeit getan. Der Verein, der sich den sperrigen Namen der Arbeitsgemeinschaft (AG) erst im Jahr 1999 gegeben hat und der als Dachverband fungiert, will Barrieren einreißen, und das nicht nur solche aus Stein, sondern in den Köpfen der Menschen.

44 Mitgliedsvereine aus der ganzen Stadt sind in der AG vertreten. Sie kümmern sich um Menschen mit allen möglichen Arten von Behinderungen, aber auch um körperlich chronisch Erkrankte oder Süchtige. Die Rheumaliga ist dabei, die Behindertensportgemeinschaft Essen oder der Kreuzbund Essen (z.B. Alkoholsucht). Der Weberplatz ist deren Basis, hier treffen Helfer auf Hilfebedürftige in 3500 Veranstaltungen im Jahr, von der Einzelsprechstunde über den Gruppen-Infoabend bis hin zum Kegeln. Doch was mindestens genauso wichtig wie die Netzwerkarbeit ist, ist das Wirken hinein in die Stadt.

Integration, Inklusion und Migration

Womit wir wieder bei den großen Themen Integration, Inklusion und nun Migration sind. „Als wir die Arbeitsgemeinschaft 1971 mit fünf Mitgliedervereinen gegründet haben, da standen behinderte Menschen noch ziemlich außerhalb, waren wohlbehütet bei den Familien oder in Heimen untergebracht“, schildert Osterfeld. Integration ist ein langwieriges Geschäft. Bis in die 1990er Jahre sollte es dauern, bis die Zeit reif war für die vielen Selbsthilfegruppen behinderter Menschen. Für die AG begann zusehends der politische Kampf.

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Auch zu dieser Zeit wurden Behinderte nicht als selbstverständliche Teilnehmer in allen Bereichen einfach mitgedacht – die Gleichberechtigung im Kopf setzte später ein. „Etwa ab den 2000er Jahren hat sich unsere Arbeit mehr und mehr in die Richtung der Inklusion verschoben“, erläutert Reinhard Osterfeld. Dazu war und ist noch viel mehr Bretterbohren nötig. Wer denkt schon ohne Berührungspunkte mit der Klientel daran, dass etwa eine einfache Sprache für Informationen im öffentlichen Raum für behinderte Menschen notwendig ist.

„Wenn ich früher mit meiner schwerbehinderten Tochter auf der Straße unterwegs war, gab es ganz viele Blicke. Das ist heute oft anders“, freut sich Osterholt, dass auch die Arbeit der AG Früchte getragen hat. Das Thema längst nicht abgeschlossen. Ende September entscheidet der Stadtrat über den „Aktionsplan Essen Inklusiv“. Und auch die nächste Stufe der Arbeit wartet auf den Verein: die Migration. Michaela Weber, Sozialpädagogin im Verein: „Das ist ein Riesenthema, weil bei den Migranten Hilfe häufig über die Familien organisiert wird und die Möglichkeiten der Unterstützung oft kaum bekannt ist“.