Essen. . Gesamtschule für behinderte und nicht-behinderte Kinder startet erst 2014.
Wegen der Auflösung des NRW-Landtags im März 2012 muss die Evangelische Kirche in Essen ihr geplantes Großprojekt, die Gründung einer „Schule für alle“ ab Jahrgangsstufe fünf, um ein Jahr verschieben. Das teilte Helmut Keus am Freitag mit, der als Assessor des Kirchenkreises das Projekt federführend leitet. Der geplante Start der Schule verzögere sich damit bis zum Jahr 2014.
Die Kreissynode des Kirchenkreises, in der alle Gemeinden vertreten sind und das Parlament der Evangelischen Kirche in Essen darstellt, sollte im Juni eigentlich über einen verbindlichen Gründungsantrag entscheiden. Doch viele wichtige Zahlen fehlen noch, besonders, was die dauerhafte Finanzierung angeht. Deshalb wird der Synode jetzt lediglich die Vertagung um ein Jahr vorgeschlagen. Assessor Helmut Keus sieht „gute Chancen“, dass die Synodalen dieser Empfehlung folgen werden.
„Fest eingeplante Gesprächstermine mit Verantwortlichen im Schulministerium sind durch die Auflösung des Landtags abgesagt worden“, berichtet Kirchenkreis-Schulreferent Dietmar Klinke. „Uns fehlen plötzlich die Ansprechpartner.“ Nur die Ministerialbürokratie arbeite weiter, die könne sich aber naturgemäß nur bestehende Gesetze stützen. Das Konzept der geplanten Schule aber werfe viele Fragen auf, die noch nirgendwo gesetzlich geklärt sind – Stichwort „Inklusion“. Besonders Aspekte der Mit-Finanzierung durch das Land oder räumliche und personelle Ressourcenplanung seien vielfach ungeklärt. Diese Probleme könnten jetzt, da die Politik in Düsseldorf lahmgelegt sei, nicht gelöst werden. „Wir brauchen aber solche politische Verhandlungen“, erklärte Klinke.
Gesamtschule für jeden Abschluss
Die Evangelische Kirche will in Essen eine Gesamtschule gründen, auf der jeder Abschluss möglich ist. Die Schule ist offen für behinderte und nicht-behinderte Kinder, soll also „inklusiv“ sein. Sie ist vierzügig (also mit vier Klassen pro Jahrgang) und soll dauerhaft den Kirchen-Etat nicht belasten. Dazu sind auch Eltern-Beiträge nötig. Der Schulbetrieb soll zunächst im ehemaligen Hauptschulgebäude Lohstraße (Bedingrade, Großraum Borbeck) aufgenommen werden. Später ist ein Umzug auf das Gelände des ehemaligen Jugendzentrums Papestraße in Holsterhausen angedacht. Anfang des Jahres hatte die Kirche Verhandlungen über den Kauf des Grundstücks mit der Stadt aufgenommen.
„Wir stehen weiter zu unserer Zusage, diese Schulgründung konstruktiv zu begleiten“, erklärte Peter Renzel, Schul-Dezernent der Stadt Essen. Gleichwohl bringt die Verzögerung die Kirche in Sorge, dass insbesondere das Schulgebäude an der Lohstraße vorzeitig an andere Interessenten vergeben werden könnte.
Die Verantwortlichen der Evangelischen Kirche glauben aber weiter fest an das Projekt, das im Sommer 2011 von der Kreissynode mit einem Grundsatzbeschluss erstmals offiziell abgenickt worden war – nach intensiver Diskussion. Nicht wenige Gemeinde-Vertreter befürchten ein unkalkulierbares Kostenrisiko. Keus hält dagegen: „Wir planen hier einen Leuchtturm, der Orientierung bietet, auf den man blicken kann.“
Angesichts der planerischen Unsicherheiten sei es jetzt unredlich, von der Synode, wie ursprünglich geplant, einen verbindlichen Grundsatzbeschluss zur Errichtung der Schule einzufordern. Zur Vertagung, die im Juni offiziell beschlossen werden soll, gebe es ansonsten nur eine Alternative, und die sei keine: „Das Projekt ungeprüft zu den Akten zu legen. Und das will niemand, das wäre sehr schade um die viele Arbeit“, betont Keus. Erste Pläne zur Schulgründung waren Anfang 2009 bekannt geworden.