Essen. . 830 Filmfans kamen zum Statisten-Casting für den neuen Lars von Trier-Streifen “Nymphomaniac“ in die Lichtburg - in der Hoffnung, vielleicht eine einzige Filmsekunde mit Nicole Kidman oder Willem Dafoe ergattern zu können. Für den Film, der auch in Essen gedreht wird, werden 400 Komparsen gesucht – und manche der ausgeschriebenen Statistenrollen sind doch sehr speziell.

400 Statistenrollen, zwei Fotografen mit Kameras, Standlicht und viel Geduld, zwei Helfer, die unzählige Kugelschreiber und stapelweise Casting-Bögen verteilen, sowie vier Empfangsleute, die 830 Filmverrückte nummerieren und jede noch so kleine Frage beantworten – in der Hoffnung auf vielleicht eine einzige Filmsekunde mit Nicole Kidman oder Willem Dafoe in dem neuen Streifen von Regisseur Lars von Trier. Und fertig ist das Rezept für einen Menschenauflauf an der Lichtburg, der mit denen der großen Filmpremieren in Deutschlands schönstem Kinopalast mithalten kann.

„Meine Tochter war schon vor einer Stunde hier und da hab’ ich mich dann überreden lassen“, sagt Ulrike Bucksteege. Die NRZ-Leserin aus Altenessen steht um Viertel nach Elf mit lauter anderen Bewerbern auf der Kettwiger Straße vor dem Eingang. Der Andrang ist groß, die Warteschlange dem entsprechend. Passanten schauen verdutzt und versuchen irgendwie, sich ihren Weg durch die Menschentrauben zu bahnen. „Ich bin aus Neugier und Interesse hier und erwarte gar nicht, genommen zu werden“, sagt Ulrike Bucksteege nüchtern. Sie sehe das Ganze auch kritisch und verweist auf den Ruf von Lars von Trier. Der hatte sich zuletzt wegen umstrittener Nazi-Äußerungen beim Filmfest im französischen Cannes unbeliebt gemacht.

Das stört die Schwestern Rebecca (24) und Dorothee (27) aus Mainz dagegen nicht. „Wir sind auf Wohnungssuche in Essen für das kommende Semester und grad vorbeimarschiert. Da haben wir gedacht, wir stellen uns mal an“, sagen die beiden. Schauspielerin Nicole Kidman, die mitspielen wird, ist aber nicht der Grund, warum das Duo gerne an einem Drehtag dabei wäre: „Lars von Trier sollte einen eigentlich abschrecken, aber genau das reizt uns.“ Auffallend hat sich auch die 21-jährige Mirja aus Haarzopf angezogen. Im knappen schwarzen Korsagekleid nimmt sie einen der Casting-Bögen entgegen, die ein rothaariges Mädel der Castingfirma an die Wartenden verteilt. „Ich finde das einfach aufregend, daher wollte ich mir das Casting ansehen“, sagt Mirja. Etwas ungeduldig schaut sie auf die Uhr: „Ich muss gleich noch arbeiten.“

Die Ruhe selbst ist Gregor Weber von der Agentur Eick. „50 Leute waren schon um 9.30 Uhr da“, sagt er zufrieden und schreitet mit den Augen die Gesichter der Wartenden ab...

„Hast du ‘nen Freund? Dann bring’ ihn mit!“

Das Abschreiten und Ansprechen von einzelnen Bewerbern macht Gregor Weber nicht ohne Grund: Für den Film, dessen erster Drehtag in Essen und Umgebung wohl Mitte September sein wird, werden 400 Komparsen gesucht – und manche der ausgeschriebenen Statistenrollen sind doch sehr speziell. „Wir brauchen etwa Basketballspielerinnen im Alter von 16 oder 17 Jahren“, erzählt Weber. Zwei Sportlerinnen aus Werden, die ihre Trikots bereits anhaben, zieht er sich aus der Schlange: „Habt Ihr nicht noch Vereinskolleginnen, die Lust haben, mitzumachen“, fragt er und drückt ihnen eine Visitenkarte in die Hand. „Hast Du ‘nen Freund? Dann bring’ ihn mit!“, spricht der Agenturchef die nächste junge Frau an. „Das ist für eine Kino-Szene, in der junge Paare knutschen sollen.“

In den Katakomben ist es mittlerweile stickig. Die Bewerber warten tief durchatmend neben den Handabdrücken berühmter deutscher Filmstars an den Wänden darauf, dass sie an einem der beiden Empfangstische drankommen. Dort sichten Mitarbeiter die ausgefüllten Bögen und drücken dem jeweiligen Bewerber ein Blatt Papier mit Nummer, Geburtsjahr und Körpergröße in die Hand. Letzteres müssen die Frauen und Männer an der nächsten Station dem Fotografen entgegen halten. Einmal mit dem Blatt, und einmal ohne kommt man vor die Linse – fertig. „Das war’s schon?“, fragen viele im Nachhinein verwundert. Richtig!

„Bis Oktober könnt ihr angerufen werden“, gibt Weber ihnen beim Abschied noch mit. Wie nachher ausgewählt wird, sagt er nicht, stattdessen definiert er lieber den perfekten Komparsen: „Er oder Sie ist freundlich, zuverlässig und hat den ganzen Tag Zeit“. Ferner sei die Gage – Weber beziffert sie auf 50 bis 55 Euro – für den- oder diejenige zweitrangig.

„Das war unspektakulär“, sagt Mirja später. Es klingt etwas enttäuscht. Und welche Chancen rechnet sie sich aus? „Ich weiß es nicht, aber ein Anruf wäre cool.“

Basketballspielerinnen und Schwangere gesucht!

„Der Film handelt von einer Frau, die aufgrund ihrer Nymphomanie in Konflikt mit ihrer Umgebung gerät“, fasst Agenturchef Gregor Weber den Inhalt des Films zusammen. Mehr verrät er nicht. Mit der Resonanz war er zufrieden: „Lieber 830 gute Gesichter, als 1400 durchschnittliche“.

Dennoch suche er weiterhin schwangere Frauen, die Mitte September in der elften Woche sind, Basketballspielerinnen im Alter von 16 oder 17 Jahren, oder junge Pärchen zwischen 16 und 18.Bewerber senden eine E-Mail mit Name, Telefonnummer, Alter und Foto an: info@agentur-eick.de .