Essen. . Die Anwerbung von ausländischen Fachkräften wird auch für die Essener Unternehmen immer wichtiger. Damit wird auch der Ruf nach dem lange geplanten Welcome Center lauter.
Kamaldeep Samra gehört zu jenen Menschen, die mehr und mehr in Deutschland gefragt sind. Jung, hochqualifiziert, flexibel. Vor einem halben Jahr kam die 30-Jährige nach Essen und arbeitet bei RWE Technology als Projektentwicklerin. Ein Schritt, der ihr anfangs nicht leicht gefallen ist, räumt sie ein. Vor allem die Trennung von der Familie in Großbritannien war ein schwerer Schritt. Doch der Energie-Konzern hat es der Frau mit indischen Wurzeln leicht gemacht, im Ruhrgebiet Fuß zu fassen.
Seit RWE verstärkt auf den internationalen Austausch seiner Mitarbeiter setzt, gibt es ein so genanntes Mobility Center. Das heißt: Elf Mitarbeiter betreuen von fünf Standorten in Europa aus aktuell im Schnitt zirka 250 befristete Auslandseinsätze im RWE-Konzern. Sie halfen auch Kamaldeep Samra bei der Wohnungssuche – sie ist nach Rüttenscheid gezogen -, sie organisierten ihren Umzug aus England, halfen ihr bei der Eröffnung eines Bankkontos und bei den notwendigen Behördengängen. Des Weiteren zahlte das Unternehmen Kamaldeep Samra einen Sprachkurs. „Das alles hat mir definitiv geholfen, mich einzuleben und mich wohl zu fühlen“, erzählt sie.
Unternehmensverband macht Druck
Für Konzerne wie RWE wird die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte in Zukunft ein immer bedeutsameres Thema werden, bestätigt Sprecherin Brigitte Lambertz. Dabei kann die neue Bluecard, die vor wenigen Tagen in Kraft trat, helfen. Auch der Essener Unternehmensverband erwartet, dass die Anwerbung von Ausländern für die Essener Wirtschaft – und nicht nur für die hier ansässigen Konzerne – durch die erleichterte Zuzugs-Regelung interessanter wird.
Umso wichtiger wird es aus Sicht der Wirtschaft, dass die ausländischen Fachkräfte vor Ort gut empfangen werden. Die Stadt Essen plant dafür ein Welcome Center. Es wäre das erste seiner Art in NRW. Doch um das Center wird seit fast anderthalb Jahren politisch gerungen. Erst im Juni änderte die Verwaltung noch einmal das Konzept. Jetzt scheint es auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn dieser noch lang ist. Denn vor 2013 wird es ein solches Center nicht geben. Doch die Essener Wirtschaft macht Druck: „Es ist Tempo angezeigt. Je schneller das Welcome Center kommt, umso besser“, sagt Ulrich Kanders, Hauptgeschäftsführer des Essener Unternehmensverbandes. Er sieht in dem Welcome Center zumindest einen Baustein, um ausländische Fachkräfte anzulocken. „Allein wegen des Centers kommt sicher niemand nach Essen. Aber es wäre eine tolle Visitenkarte für die Stadt“, glaubt er.
Begrüßungsstelle im Gildehof
Im geplanten Welcome Center sollen ausländische Fachkräfte in einem „Rutsch“ ihre Behördengänge erledigen können - im ersten Konzept war es nur als Begrüßungsstelle geplant. Angenehmes Ambiente, keine Wartezeiten - bei den Neuankömmlingen soll ein positives Bild der Stadt entstehen. Fest steht bislang, dass die Anlaufstelle im Gildehof Platz finden wird - mitten in der City .
Auch die in Essen ansässigen Konzerne halten ein solches Welcome Center für ihre Fachkräfte-Werbung für wichtig. Die meisten haben, wie das Beispiel RWE zeigt, zwar die Betreuung ihrer ausländischen Fachkräfte professionell organisiert. Was sie den neuen Mitarbeitern jedoch nicht abnehmen können, sind die Behördengänge. „Deshalb ist alles, was eine positive Aufnahme vermittelt, wichtig. Wir begrüßen deshalb die Einrichtung einer solchen zentralen Anlaufstelle“, meint RWE-Sprecherin Brigitte Lambertz.
Gleiches ist beim Chemie-Riesen Evonik zuhören: „Wir befürworten es grundsätzlich, wenn es Einrichtungen wie das Welcome-Center gibt, die es der Wirtschaft erleichtern, ausländische Fachkräfte einzustellen“, erklärt eine Sprecherin.
Auch Essens Wirtschaftsförderer Dietmar Düdden betont, dass es zwar wünschenswert gewesen wäre, wenn das Welcome Center zum Start der Bluecard in Essen am Start gewesen wäre. Aber er warnt vor Schnellschüssen. „Ich denke dabei an den Kunden. Dem ist ein schlechter Dienst erwiesen, wenn jetzt unter Zeitdruck gehandelt wird.“ Auch in Hamburg - nach dessen Vorbild das Essener Welcome Center entwickelt wird - habe es zwei Jahre gedauert, bis es zum Laufen kam. „Wir sind jetzt endlich auf einem guten Weg“, meint Düdden.