Essen. . Birte Steller vom Hamburger Welcome-Center hat in Essen über ihre Erfahrungen in der Hansestadt berichtet. Denn auch Essen möchte ein Welcome-Center, in dem Migranten eine zentrale Beratungsstelle finden.

Vor wenigen Tagen hat sich Dortmund über ihr Welcome Center informiert. In der kommenden Woche kommt Bremen zu Besuch. In der Volkshochschule am Burgplatz sitzen im Publikum neben Essener Dezernenten, Politikern und Professoren auch Gäste aus Gelsenkirchen und Aachen: Birte Steller ist zu Gast in Essen. Die Leiterin des Hamburger Welcome Centers berichtet von ihrer Anlaufstelle Zuwanderer – und reist mit ihrer fünfjährigen Erfahrung durch die Republik, wenn sie die nicht gerade durch ihr Zentrum führt.

Das Ziel in Hamburg: Förderung der Zuwanderung aus In- und Ausland. Auch wenn das Angebot sich nicht ausschließlich an Hochqualifizierte richten soll, wie Steller betont, haben sie doch als Kernzielgruppe Fach- und Führungskräfte, Akademiker, Forscher und Manager notiert. Tatsächlich gewinnt Hamburg jährlich 80 000 Neubürger. In Essen sind es 23 000.

Kein Zwei-Klassensystem

Ob da nicht ein Unterschied zu Essen liege, mit mehr „Bestandsmigranten“ und weniger hochqualifizierten Zuwanderern, lautet eine Frage aus dem Publikum. Denn Essen möchte ein Welcome Center. Ginge es nach den Grünen, soll es ein Service unter einem Dach sein: für Hochqualifizierte und Asylbewerber. Kein Zwei-Klassensystem, das Flüchtlinge weiterhin zur Ausländerbehörde schickt. Nun ist die Entscheidung über das Essener Modell in die Ratssitzung Ende Juni gelegt worden, die Variante der Verwaltung ist abgespeckt: Denn das Welcome-Center, das im Gildehof angesiedelt werden soll, ist als reine Beratungsstelle geplant – ohne „hoheitliches Leistungsangebot“, wie es in Hamburg dazugehört. Dort melden die Mitarbeiter den Wohnsitz von Zuwanderern aus dem Ausland an und entscheiden über deren Aufenthalt.

Auch in Hamburg gibt es daneben weiterhin neun Bezirksdienststellen. „Niemand muss ins Welcome Center kommen“, sagt Steller. Ob das Essener Modell als reine Beratungsstelle ohne Service funktionieren kann, will Burak Copur (Grüne), der den Abend moderiert, wissen. „Unser Erfolgsfaktor liegt darin, dass die die beraten auch darüber entscheiden, ob derjenige hier sein darf“, antwortet der Gast. Heißt umgekehrt: Ohne Entscheidungsgewalt kein Erfolg.

Dienstleistungsbereitschaft und gelebte Willkommenskultur

Dennoch werden die Grünen in Essen wohl dem derzeitigen Konzept der Verwaltung zustimmen: „Nur als ersten Schritt“, betont Grünen-Rats-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger. Vorausgesetzt: Der Zusatzantrag, den die Partei zurzeit ausarbeitet, wird ebenfalls im Rat angenommen: Das Welcome Center muss demnach perspektivisch alles aus einer Hand bieten, also zukünftig auch etwa Aufenthaltstitel. Wie in Hamburg. Dort ist die Juristin Birte Steller (laut Selbstbeschreibung auch „Mutter von vier Kindern mit Migrationshintergrund“) Chefin von zwölf Mitarbeitern.

Rekrutiert wurden sie aus städtischen Beschäftigten: „Etwa von der Agentur für Arbeit.“ Unabdingbar sei deren Dienstleistungsbereitschaft und eine gelebte Willkommenskultur, sagt Steller. Wer bei der Ausländerbehörde über Jahre eine Kultur des Misstrauens erworben hat, wird sich vielleicht schwer tun mit Stellers Beschreibung: „Die Leute müssen brennen für diesen Job.“ Sie müssen Englisch sprechen und gepflegte Kleidung tragen. Dafür gibt es übrigens eine etwas höhere Bezahlung für Beamte.