Essen. WAZ-Leser im Gewahrsam: Das Polizeipräsidium öffnet seine Türen. In der Leitstelle erfahren die Besucher, wie die Einsätze koordiniert werden. Fällt am Telefon zum Beispiel das Stichwort “Schusswaffe“, rückt die Spezial-Einheit aus.
Der Notruf der Feuerwehr geht um 17.28 Uhr in der Leitstelle der Polizei ein: hilflose Person, eine Frau kann die Tür nicht öffnen. Hauptkommissar Jürgen Drommeter nimmt das Gespräch an: „Ich schicke Euch eine Streife“. Die informiert er sofort, da ist es 17.29 Uhr. An dem Tag schauen ihm dabei WAZ-Leser über die Schulter in der Leitstelle im Polizeipräsidium, wo jeder Anrufer landet, der in Essen oder Mülheim die 110 wählt.
150 bis 250 Einsätze fahren die Streifen pro Schicht
Hauptkommissar Jürgen Drommeter sitzt an einem der zehn Multifunktions-Arbeitsplätze vor zwei Bildschirmen. In den linken tippt er den Notruf ein, dessen Telefonnummer immer schon eingetragen ist. Auf dem rechten stehen Zahlen, jede für einen Streifenwagen. Eine Ziffer gibt zudem an, welcher Wagen auf der Wache steht oder im Einsatz ist. 150 bis 250 Einsätze fahren die Streifen pro Schicht. Jeder wird von der Leitstelle aus gesteuert, wo 41 Beamte arbeiten. Im Dienst sind durchschnittlich sechs bis acht, erklärt Udo Weingarten, Dienstgruppenleiter der Leitstelle.
Wählt ein Bürger die 110, klingeln alle Telefone, bis ein Polizist abnimmt. Überlastet sei die Anlage noch nie gewesen, die bis zu 30 Anrufe gleichzeitig verpacke. So müsse niemand fürchten, dass im Notfall das Besetzt-Zeichen ertöne, erklärt Drommeter.
Sind im Einsatz etwa Schusswaffen zu befürchten, übernimmt die Spezial-Einheit. Sie ist für mehrere Städte um Essen und insgesamt 2,5 Millionen Menschen zuständig, was viele Gäste überrascht.
Zerstörung im Zweiten Weltkrieg
Der Ablauf in der Behörde und auch das Gebäude interessieren Leser Hans Remich (68). Der erfährt von Polizeihauptkommissar Ulrich Schnippenkötter, dass das Präsidium an der Büscherstraße in Rüttenscheid während des Ersten Weltkrieges gebaut worden ist. Es entstand in Karree-Form mit seiner Fassade im Stil der Spätrenaissance, die nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg ihr ursprüngliches Aussehen zurück erhielt.
Dahinter arbeiten heute 500 seiner Kollegen. Eine Treppe führt in der Eingangshalle zu den Dienststellen und dem Arbeitsplatz der Polizeipräsidentin. Auf dem Flur hängen Tafeln zur mehr als 100-jährigen Geschichte der Behörde. Dort wurde in den 1980ern das ehemalige Gefängnis zwar abgerissen, einen Trakt mit Zellen gibt es aber. In dem landen bis zu 3500 Personen im Jahr, bis zu 93 gleichzeitig. Diejenigen, die etwa stark betrunken sind. Und solche, die wegen einer möglichen Straftat festgenommen worden sind. Sechs Zellen gibt es im Erdgeschoss, komplett gefliest, mit WC im Boden, einer kleinen Anhöhe zum Schlafen und der Möglichkeit, sie zu fixieren. Alles, um Verletzungen zu vermeiden, erklärt Michael Gödeke (Gewahrsamsbeamter). Dessen Waffe in dem Trakt übrigens im Schließfach liegt, damit sie ihm im Gerangel niemand entreißt. Wird es brenzlig, alarmiert er Kollegen.
Aus dem Trakt kommt keiner heraus
„Ist da jetzt einer drin“, zeigt Leon (11) auf die Zellen. Weil bis auf eine alle frei sind, kann der Elfjährige mit Vincent (12) Probe-Einsitzen, bis Gödeke die Riegel wieder aufschiebt. Aus dem Trakt kommt ohnehin keiner der Leser heraus, ohne dass der Beamte die Schleuse am Ausgang öffnet.
Da ist der Einsatz für die Streife, die zur hilflosen Person unterwegs war, längst beendet. Die Rückmeldung kam um 17.36 Uhr, die Frau hat die Tür doch noch geöffnet, so dass die Polizei zum nächsten Notruf eilte: vermisste Person.