Mülheim. .

Normalerweise ist die Einsatzleitstelle der Polizei im Präsidium Essen/Mülheim kein Ort für Besuchergruppen. Doch eine Lesergruppe aus Mülheim durfte ausnahmsweise dorthin, wo alle Notrufe über die 110-Leitung landen, wo rund um die Uhr alle Polizeieinsätze in Mülheim und Essen verteilt und koordiniert werden – von der zugeparkten Ausfahrt bis zum Banküberfall. 654 Anrufe nehmen die 38 Beamten und drei Beamtinnen, die dort im Schichtdienst arbeiten, im Schnitt täglich entgegen, 144 davon aus Mülheim.

Doch bevor die Besucher ins moderne Herz des ehrwürdigen, seit 100 Jahren die Polizei beherbergenden Gebäudes geführt wurden, gab es eine Einführung durch Polizeihauptkommissar Ulrich Schnippenkötter, der mit Anekdoten für die Mülheimer Gäste nicht geizte. Schon 1910, wusste er zu berichten, war die Essener Polizei auch für Styrum zuständig, seit 2007 gibt es bekanntlich eine Behörde für beide Städte. „Alles, was gut ist, kommt eben wieder“, schmunzelte Schnippenkötter.

Künstlerisch gestaltetes Foyer

Historische Bilder im Foyer zeigen Polizisten zu Fuß, auf dem Rad oder hoch zu Ross: „Man war damals sportlich unterwegs.“ 1956 berichtet der Hauptkommissar, sprach man erstmals von der „motorisierten Polizei“. Für das 1999 künstlerisch gestaltete Foyer – der einzige Zugang zum Präsidium – hat sich Künstler Thierry Boissel stark von der Polizeiarbeit inspirieren lassen, erfahren die Gäste: So befindet sich der Stadtplan (von Essen) als Relief auf dem Fensterglas. Als letzte in der „Ahnengalerie“ der Essener Polizeipräsidenten steht die aktuelle Chefin des Hauses, Stephania Fischer-Weinsziehr.

Leserin Vera Dey möchte wissen: „Wie wird man eigentlich Polizeipräsidentin?“ und erfährt, dass man für dieses Amt vom Innenminister des Landes ernannt wird. Und dass die Polizeipräsidenten in Deutschland selten selbst Polizisten sind, sondern meistens Juristen. Beim Gang durchs Haus kann man die vergitterten Fenster des Polizeigewahrsams sehen. Sebastian Kerres fragt, ob da wohl schon mal einer ausgebrochen ist? „Hier noch nicht“, sagt Ulrich Schnippenkötter und erklärt, dass dort niemand länger als einen Tag festgehalten wird.

Udo Wolfgarten ist heute der Dienstgruppenleiter in der Einsatzleitstelle, also der Chef der Kollegen, die gerade dort Dienst haben. Wenn jetzt, sagen wir mal, in Mülheim eine Bank überfallen und Geiseln genommen würden, wäre er so lange der Einsatzleiter, bis eine Fachabteilung übernimmt.

Zuständig für 740.000 Einwohner

Doch an diesem Nachmittag ist es ruhig. Und Udo Wolfgarten, selbst Mülheimer und mit 42 Dienstjahren ein alter Hase bei der Polizei, erklärt ausführlich die Struktur und den Aufbau der großen Behörde, zu der ja auch Fachabteilungen in Mülheim gehören, die für die rund 740.000 Einwohner in beiden Städten zuständig sind. Etwa die Verkehrsdirektion.

Die Einsatzleitstelle ist ein modernes Großraumbüro mit zehn multimedialen Arbeitsplätzen im hinteren Teil des historischen Gebäudes, und die WAZ-Leser dürfen zum Beispiel Holger Heil über die Schulter schauen. Der muss, wie seine Kollegen, reichlich Kommunikationstechnik bedienen und hat drei Bildschirme vor sich, wo man sieht, welches Streifenfahrzeug gerade wo im Einsatz ist.

Als Andreas Koloczek dem kleinen Tobias erklärt, wie die Polizei seine Eltern finden und ihn nach Hause bringen kann, wenn er sich verläuft, sind auch die Großen beeindruckt. „Wir waren richtig live dabei“, sagt Bettina Kerres. Und Frau Wolff meint am Ende: „Wenn ich noch mal zur Schule gehen könnte, ginge ich auch zur Polizei.“