Im Ruhrmuseum in Essen lagern allerlei verborgene Schätze
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Essen. Im Depot des Ruhrmuseums auf dem Zollverein-Gelände verbergen sich noch einige Schätzchen. 15 Gewinner der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ durften hier auch einen Blick hineinwerfen.
Peter Jung und seine Frau Carmen Diaz sind Fans der Zeche Zollverein. „Im Ruhrmuseum war ich allerdings bisher leider noch nicht“, bedauert der 61-Jährige. Umso größer war die Freude, als das Paar die Zusage für die Aktion „WAZ öffnet Pforten“ im Briefkasten fand. Denn sie gehörten zu den Glücklichen, die mit dem Depot sogar Museumshallen betreten durften, die der Öffentlichkeit normalerweise vorenthalten sind. Dabei verbergen sich dort durchaus ebenfalls einige Schätzchen.
Wie das mit Schätzen so ist, benötigen sie einen Hüter. Und der heißt in diesem Fall Frank Kerner. Der Historiker für Industrie- und Sozialgeschichte kümmert sich nicht nur um die Ausstellungen und ums Depot, wo die Gegenstände lagern, die nicht im Museum gezeigt werden, er hat auch den Umbau der Kohlenwäsche zum Ruhrmuseum koordiniert, kennt sich also bestens mit der Architektur des Gebäudes aus.
Und so führt er seine Gäste dorthin, wohin sonst nur wenige Menschen ihren Fuß setzen. Statt über die berühmte Rolltreppe betreten sie das Gebäude auf der anderen Seite, durch den Hintereingang. „Früher war hier der Haupteingang“, sagt er, während er auf eine schlichte Stahltreppe deutet. „Doch die zu erwartenden Besuchermassen hätten hier kaum durchgepasst.“
Überwiegend Alltagsgegenstände
Für die 15 Gewinner der WAZ-Sommeraktion reicht der Platz durch den Hintereingang locker. „Hier ist ein halböffentlicher Bereich“, erläutert er nach dem Gang durch die erste Tür. „Wenn Arbeiten und Umbauten erfolgen, dann kommen Arbeiter hier durch.“ Zur wahren Schatzkammer führt jedoch ein schlauchartiger Gang: Das hallige Depot für Sozial- und Industriegeschichte nun wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar, nur ein paar Gemälde bezeugen den historischen Wert, der hier lagert.
Kurbelt Kerner an einem der platzsparenden Fahrregale, dann werden die Schätze endlich sichtbar. Etliche Gebrauchsgegenstände von der mechanischen Nähmaschine bis zum Waffeleisen ohne Strom lassen sich hier finden. „Überwiegend lagern hier Alltagsgegenstände aus den Ursprüngen der Industrialisierung 1850 bis zum Ende gegen 1960“, erläutert Kerner. „In dieser Zeit hat sich das Leben in den vier Wänden der Menschen kaum verändert, die Technologie startete erst danach ihren Siegeszug durch die Wohnzimmer.“
Extraschicht in Essen
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Tatsächlich kommen bei vielen Besuchern Erinnerungen hoch: „Viele Schüsseln, Schalen und Kaffeekannen, sogar eine alte Schnupftabakdose, wie es sie damals bei uns gab, habe ich hier widerentdeckt“, sagt etwa Traute Vacilatto. Und Jürgen Frank ruft: „Ich habe mein altes Tonbandgerät wiedergefunden!“ Mit 14 habe er es geschenkt bekommen, dann ist es auf dem Müll gelandet.
Wer seine Dinge nicht auf den Müll werfen oder verkaufen will, kann sie auch jetzt noch dem Museum spenden. „Ich bekomme täglich drei bis vier Anrufe von Leuten, die uns etwas vermachen wollen“, betont Kerner. Besser, als sie auf dem Flohmarkt zu verscherbeln, sei das allemal, denn: „Solcherlei Fundstücke haben eher einen ideellen denn einen finanziellen Wert.“ Anders sieht das bei einigen Keramik- und Glasgefäßen aus, die sich in einem anderen Fahrregal befinden: „Diese Krüge gehen zurück bis ins 15. Jahrhundert und sind tatsächlich wertvoll.“
Eine Uniform und ein Ölgemälde
Knapp eine Stunde staunen die Gewinner über stumme Zeitzeugen, wie etwa die Uniform eines Bergknappen, eines der wenigen gut erhaltenen Kleidungsstücke im Depot, die das Museum einer „namhaften Familie aus der Region“ zu verdanken habe. Auf Interesse der Besucher stößt auch ein Ölgemälde, das eine Gruppe von Bergarbeitern zeigt. Und dann finden sich jene gestickten Deckchen mit Sinnsprüchen, die zum Maßhalten auffordern und ganz früher bei der Oma an der Wand hingen: „Im Glück nicht jubeln, im Leid nicht klagen, das Unvermeidliche mit Würde tragen.“ Wie gesagt, Dinge aus einer anderen Zeit. „Sowas zu bewahren, heißt die Erinnerungen zu bewahren“, sagt Frank Kerner.
Im Schatten von Zollverein
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„Ich wusste gar nicht, dass ein solches Depot existiert“, sagt Peter Jung. „Eine tolle Reise durch die Geschichte unserer Region.“ Eine Reise, die übrigens bald eventuell weitaus mehr Menschen antreten könnten, denn: „Wir denken über die Errichtung eines Schaudepots nach“, verrät Kerner.
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