Essen. . Wenn der Dorstener Volker W. Frauen sah, reagierte der 42-Jährige ungebremst: Er wollte Sex – und zwar mit Gewalt. Wer ist dieser Mann, der nach eigenem Geständnis eine behinderte Essenerin ermordete?
Er weint. Beteuert gegenüber seinem Verteidiger, dass ihm sein Mordopfer so leid tue, „weil mir die Frau doch nichts getan hat“. Ob es wirkliche Reue, wirkliches Mitleid ist? Der gebürtige Dorstener Volker W. (42), der nach eigenem Geständnis eine geistig behinderte Frau in seine Essener Wohnung lockte und erstach, kannte in seinem Leben nie Mitleid mit dem anderen Geschlecht.
Unscheinbar wirkt er; ein Biedermann. Wer ihn bei der Festnahme am 11. Juni sah, wird angesichts quer gestreiften Polohemdes, Blouson und Baseballkappe eher an einen Kleingärtner oder Thekennachbarn gedacht haben. Nicht an einen gewalttätigen Sexualtäter. „Er machte auf mich einen freundlichen, gepflegten Eindruck“, sagt sein Verteidiger Volker Schröder, „nicht so, wie man sich landläufig einen Sexualtäter vorstellt.“
Ungebremst reagiert er auf Frauen
Doch genau das ist er. Ungebremst reagiert er auf Frauen, denkt an Sex, den er sich mit Gewalt holen will. Als Bewohner des Hauses Stauderstraße 76 im Essener Stadtteil Altenessen am 10. Juni im Keller unter einer Treppe die Leiche der zierlichen Monika O. finden, konzentrieren die Ermittler sich schnell auf den Nachbarn Volker W., der erst am 19. März aus der Haft entlassen worden war. Erst bestreitet er, dann legt er ein Geständnis ab. Vom Fenster aus habe er am Pfingstmontag, 28. Mai, um zehn Uhr die 58 Jahre alte Frau Pfandflaschen sammeln sehen und mit dem Versprechen, ihr welche zu geben, in seine Wohnung gelockt. Es ist ihr Todesurteil. Als sie den Raum betritt, hält er ihr sofort den Mund zu, erzählt Volker W. den Ermittlern und nennt sein Motiv: Er habe Sex gewollt.
Weil sie schreit, gerät er in Panik und würgt sie. Als sie regungslos am Boden liegt, schleppt er sie zur Badewanne, raucht eine Zigarette und ersticht sie. Um 11.30 Uhr trägt er sie auf der Schulter in den Keller, putzt Flur und Wohnung. 14 Tage lang gilt Monika O. als vermisst, Angehörige suchen nach ihr, bevor sie gefunden wird.
Strafen beeindrucken ihn nicht
Als Jugendlicher fällt Volker W. in Dorsten-Hervest als Busengrapscher auf. 1989, 20 Jahre alt ist er, verurteilt das Amtsgericht Dorsten ihn zu drei Jahren Jugendstrafe wegen zweifacher Vergewaltigung. Er sitzt die Strafe voll ab. Doch Strafen beeindrucken ihn nicht.
1996 muss der Tischler sich vor dem Landgericht Essen verantworten. Wieder geht es um Frauen, 20 Jahre alt die eine, 51 die andere: Am 3. August 1995 soll er in Dorsten-Lembeck eine Radfahrerin zu Boden gerissen und zu vergewaltigen versucht haben. Nur ihre Gegenwehr schlug den damals verheirateten Mann in die Flucht. Elf Tage später soll er die nächste Frau vergewaltigt haben, diesmal eine Spaziergängerin in Bottrop. Sie erkennt ihn auf einem Foto in der Verbrecherkartei wieder, doch die Polizei machte dabei laut Gericht „eklatante Fehler“, so dass die Beweise nur für die Dorstener Vergewaltigung reichen: zwei Jahre und sieben Monate Haft, gleichzeitig Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie, aus der ihn das Landgericht Paderborn erst nach neun Jahren entlässt.
Angepasst und unscheinbar
2006 kommt er endgültig frei. Zwei Jahre später versucht er der elf Jahre alten Tochter seiner neuen Lebensgefährtin einen Kuss auf den Mund zu drücken, 2010 fasst er ihr in den Schritt. Zwei Jahre Haft bekommt er, die Sicherungsverwahrung ist rechtlich nicht möglich. Nach der Entlassung steht er unter Führungsaufsicht, zeigt sich wie immer angepasst. Selbst zur Sexualtherapie geht er. Angepasst und unscheinbar, trotzdem mordet er. Und putzt in der Woche nach dem Mord noch einmal den Hausflur. „Weil es ja in der Hausordnung steht.“