Essen. . Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten freut sich über die Tarifeinigung in der Gastrobranche. Spätestens ab September 2013 soll ein Mindestlohn gelten, keiner darf dann mit weniger als 8,50 Euro pro Stunde abgespeist werden. Ob jeder profitiert, ist aber noch fraglich.

Der Jubel war groß: „5900 Beschäftigte der Gastro-Branche in Essen haben ab Juni deutlich mehr Euros in der Tasche“, überschrieb die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ihre Nachricht zum Tarifabschluss mit den Arbeitgebern. Neben einem Lohnanstieg für Vollzeitbeschäftigte soll spätestens ab September 2013 ein Mindestlohn gelten: „Ob Kellner oder Küchenhilfe - keiner, der in der Gastronomie arbeitet, darf künftig mit weniger als 8,50 Euro pro Stunde abgespeist werden.“

Es hört sich endgültig und unumstößlich an, hätte aber doch besser den Konjunktiv verdient. Denn bislang ist der neue Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich erklärt worden. Und solange diese nicht durchgesetzt ist, haben nur Gewerkschaftsmitglieder einen Rechtsanspruch auf die Durchsetzung des Vertrages. „Wer nicht NGG-Mitglied ist, hat zumindest keinen Rechtsanspruch“, sagt der Landesbezirksvorsitzende in NRW, Thomas Gauger. Und in der gesamten Region Ruhr sind laut NGG-Geschäftsführerin Yvonne Sachtje 1000 Beschäftigte aus der Hotel- und Gastrobranche in der Gewerkschaft organisiert.

Umsetzung sei problematisch

Damit dürfte bislang nur ein Bruchteil der Essener Kellner, Köche, Rezeptionisten und Zimmerfrauen einen rechtsverbindlichen Anspruch auf den Tariflohn haben. Das solle aber nicht bedeuten, dass auch nur diese nach Tarif bezahlt werden, stellt Thomas Gauger klar. „Jeder, der fest beschäftigt ist, bekommt die 8,50 Euro“, sagt der Landesbezirksvorsitzende, der den Tarifvertrag gerne für allgemeinverbindlich erklären lassen würde.

Dabei wähnt er auch den Deutschen Hotel und Gaststättenverband (Dehoga) als Arbeitgebervertreter in seinem Plan hinter sich. „Alle wollen das.“ Allein die Umsetzung sei problematisch: Um den Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklären zu lassen, müssen die Arbeitgeber, die bei der Dehoga vertreten sind, mindestens 50 Prozent der Branchenbeschäftigten repräsentieren. Bei rund 300.000 in der Branche beschäftigten Frauen und Männern also mindestens 150.000. Und neben der Frage, ob die Zahl überhaupt erreicht werden kann, stellt sich auch die Frage, welche Zahl man überhaupt zugrunde legen möchte.

„Jeder hat eine andere“, sagt Gauger. Bis keine eindeutige Zahl feststehe, könne man lange auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf warten, das für den Tarifvertrag zuständig sei. Und das übrigens schon 2010 die Allgemeinverbindlichkeit des letzten Tarifvertrags aufgehoben hatte, weil eben die nötige Zahl nicht erreicht wurde. Auslöser sei damals die Klage eines Systemgastronomie-Unternehmens gewesen, das gegen die Allgemeinverbindlichkeit geklagt habe.

Eigener Tarifvertragfür Systemgastronomie

Das Besondere daran: Für Beschäftigte der Systemgastronomie gibt es eigentlich einen eigenen Tarifvertrag. Allerdings sei da unklar, für wen genau dieser Vertrag gelte, da es mehrere Tarifabschlüsse für die vielen unterschiedlichen Gastronomiearten gebe, wie Dehoga-Sprecher Thorsten Hellwig erklärt. Und Thomas Gaugers Optimismus hinsichtlich der Einigkeit zwischen NGG und Dehoga zumindest bremst.

Man habe sich in der Dehoga noch gar nicht endgültig entschieden, ob man überhaupt eine Allgemeinverbindlichkeit erreichen möchte, sagt der Sprecher. Immerhin: Eine Entscheidung, so oder so, komme noch vor den Sommerferien.