Essen. Immer weniger junge Menschen wollen eine Ausbildung in einem gastronomischen Betrieb machen. Seit 2008 sind in Essen nach Angaben der Industrie- und Handelskammer IHK rund zehn Prozent weniger Ausbildungsverträge in dieser Branche abgeschlossen worden.

Der Essener Kreisverband des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga spricht von einem Mangel qualifizierter Bewerber, der in den kommenden Jahren weiter steigen werde. Und das in einer Stadt, die im regionalen Vergleich eine ausgesprochen lebendige Gastro-Kultur hat. Um diese zu sichern, soll nun im Internet um den Nachwuchs geworben werden.

Gastronomie als Chance

2020 wird nach Angaben der IHK zu Essen die Anzahl der Schulabgänger um 15 Prozent zurückgehen. „Die Konkurrenz unter den Lehrbetrieben wird steigen, der Druck auf Mittelständler in der Gastronomie steigen“, sagt Heinz-Jürgen Guß, stellvertretender IHK-Geschäftsführer für den Bereich Aus- und Weiterbildung.

Damit diese nicht das Nachsehen haben, müsse man gastronomische Berufe attraktiver machen, rät Sabine Alker, Fachsekretärin fürs Gaststättengewerbe bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten NGG. „Letztlich ist das ein Imageproblem, aber nicht ausschließlich.“

Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen, ein manchmal ruppiger Ton in der Küche und hohe Anforderungen bei vergleichsweise geringer Bezahlung – das sind gängige Kritikpunkte. Alker: „Höhere Ausbildungsvergütungen haben wir durchgesetzt, es sind aber auch qualitative Verbesserungen notwendig, um Schulabgänger für diese Berufe zu begeistern.“ Etwa, dass die notwendige Koch-Ausstattung vom Arbeitgeber bezahlt werde. Alker: „Auch sollten Projekte vorangebracht werden, die Jugendliche ohne Schulabschluss für eine Ausbildung vorbereiten. Das könnte eine echte Chance werden.“

Vorstellungstage in Schulen

Christiane Behnke, Vorsitzende des Essener Dehoga-Verbands, will eine große Internet-Kampagne für Ausbildungsberufe im Hotelfach- und Gaststättengewerbe starten. „Dabei setzen wir auf soziale Medien, schon jetzt vernetzen sich viele Lehrlinge auf Facebook.“

Kritik kontert sie: „Die Arbeitszeiten zum Beispiel sind gar nicht so schlimm. Wir haben genauso freie Tage wie jeder andere und ich persönlich gehe lieber montags als samstags einkaufen.“ Ein Beruf nah am Menschen, der Herausforderung biete und den Weg zur Selbstständigkeit öffne, das sei die Gastronomie.

Das Sheraton gehört zu den größten Essener Lehrbetrieben in der Branche. Derzeit werden dort 28 junge Menschen im Hotelfach oder als Koch bzw. Köchin ausgebildet. Eine „über die Jahre konstante Anzahl“, sagt Personalleiterin Sandra Clemens. Doch vor allem bei den Kochberufen fehlten auch hier die Bewerber: „Wir könnten mehr ausbilden, als wir derzeit Bewerber haben. Für unsere Kochausbildung werben wir intensiv.“ Auf der Internetseite und in Kooperation mit der IHK. „Künftig wollen wir an Vorstellungstagen in Schulen teilnehmen.“

Lehre bietet viele Chancen

Heike Katthöfer wird in diesem Jahr ihre Koch-Ausbildung im Sheraton beenden. Ein stressiger Job, gibt sie zu, für den sie sich aber bewusst entscheiden habe: „Ich bin 45 Jahre alt, für mich ist die Lehre ein Wendepunkt im Leben.“ Jeder Tag biete eine Herausforderung, „ist der Gast zufrieden, bin ich es auch“, sagt die Rüttenscheiderin.

Arbeitszeiten seien durchaus gut mit dem sozialen Umfeld zu vereinen, dass in der Küche „Töpfe und Pfannen fliegen“, sei ein überholtes Vorurteil. „In Stresssituationen herrscht ein harscher Ton, grundsätzlich ist der Umgang aber respektvoll.“ Nach der Ausbildung will sich Katthöfer selbstständig machen, mit einem Catering-Service oder als „Home-Cooking“-Firma. „Da kocht man für Berufstätige, die selbst keine Zeit haben, am Herd zu stehen.“ Ein neuer Trend, der zeige: „diese Lehre bietet viele Chancen.“