Essen. Sterneköchin Erika Bergheim vom Schlosshotel Hugenpoet in Essen-Kettwig mag privat einfache Zutaten und erinnert sich gern an Geschmackserlebnisse aus ihrer Kindheit. Trotz des großen Erfolgs scheut die Küchenchefin die große Bühne. Fernsehkochshows kommen für sie nicht in Frage.
Der Eindruck liegt nahe: Das Leben von Erika Bergheim dreht sich ums Essen, kreist um Kräuterkompositionen, spielt auf der Bühne Küche, über der ein Michelin-Stern glänzt. Dabei isst die Sterneköchin privat sehr gern bescheiden. „Es muss nicht immer Hummer sein.“ Im Großen und Ganzen, so sagt sie, liegt das Geheimnis der Lust am sinnlichen Essvergnügen im Geschmack. „Und den kann man schulen.“
Sich bewusst erinnern an Geschmackserlebnisse aus der Kindheit, die Augen schließen und die Erinnerung an Kräuter, Gewürze, Essenzen wach rufen – um mit diesem Wissen zu experimentieren.
Abenteuerduft liegt über der Küche
Dann gehört ein Quäntchen Chemie dazu, Gerichte zu komponieren. Das Wissen um die Natur der Dinge – und wie sie sich durch Kochen, Braten, Dünsten, Backen verändern. Das klingt nach eher theoretischen denn aromatischen Studien, doch weit gefehlt: „Mir bereitet es einfach großes Vergnügen, Dinge auszuprobieren. Wenn ich zum Beispiel beim Spaziergang seltene Kräuter oder wilden Fenchel finde, ist es schön, damit zu arbeiten.“
So liegt ein wenig Abenteuerduft über Erika Bergheims Küche – und ein natürlicher Widerwille gegen alles, was im Supermarkt-Regal unter den Rubriken „Fast-Food“ und „Fertignahrung“ zu finden ist. „Erst mal ist das wesentlich teurer, als frisch zu kochen. Und man kann nie sicher sein, was drin ist in diesen Gerichten.“ Ein Quäntchen Geschmacksverstärker, der den Esser nach mehr verlangen lässt, die Prise Zucker zu viel, die das gesund ernährte Kind zum Süßmaul macht.
„Ich mag gern Bitteres“
Erika Bergheim also kocht frisch und gern mit Bio-Produkten. „Als Verbraucher hat man ja kaum eine andere Möglichkeit, den Erzeugern zu zeigen, dass man gern reine, unbehandelte Lebensmittel hätte. Bio“, sagt die Sterneköchin, „ist auch eine Art Protestbewegung, mit der man seinen Wünschen Nachdruck verleiht.“ Allzu dogmatisch ist sie dabei nicht. „Ich kaufe privat natürlich auch Lebensmittel aus konventionellem Anbau. Kartoffeln zum Beispiel, die mag ich aus dem Bio-Anbau nicht so gerne.“
Ob die Chefköchin des Sternerestaurants Nero im Schloss Hugenpoet ein Lieblingsgericht hat? Sie muss nicht lang überlegen: „Kein bestimmtes. Ich mag gern Bitteres. Radicchio und Endivien zum Beispiel.“ Auf der Anrichte steht arabischer Kabsa-Reis, gekocht mit Sternanis und Safran, Sultaninen und Pinienkerne sind untergemengt. „Dazu Zitronen-Spinat und Minz-Joghurt. Das finde ich großartig.“ In der Tat ist diese Komposition – zumindest aus der Sterne-Küche – ein Geschmacks-Vergnügen. „Man braucht nicht immer die teuersten Zutaten. Mit Ideen und gutem Geschmack kann man viel erreichen.“
Experimente gehören dazu
Doch wie findet die Sterneköchin Inspirationen für immer neue Kreationen? „Das lässt sich schlecht steuern“, sagt sie. Meist seien es Zutaten, die ihr unterkommen. „Dann beginne ich zu recherchieren. Was passt dazu, wie geht man damit um.“ Danach geht es ans Experimentieren. „Das ist das Schöne an der gehobenen Küche. Es gehört einfach dazu. Immer wieder andere Zutaten und neue Zusammenstellungen auszuprobieren auf der Suche nach neuen Geschmäckern und Aromen.“
Ein Beruf, auf den sie lange hingearbeitet hat. Erfolg, der nicht über Nacht kam. Ein Stern schließlich fällt nicht vom Himmel in die ausgebreitete Küchenschürze. „Dazu haben wir unser Konzept umgestellt.“ Das Nero erhielt eine neue Einrichtung. Ein Team stellte die Küchenchefin zusammen, das die gleiche Freude an hochwertiger Küche hat wie sie selbst. So entstand eine Insel im Schlosshotel-Betrieb, die eigenständig ist und sich doch in den Gesamtbetrieb einfügt.
Gesunde Ernährung
Trotz des großen Erfolgs scheut die Küchenchefin die große Bühne. Fernsehkochshows kommen für sie nicht in Frage: „Natürlich hat auch das seine Berechtigung und es gibt viele Kollegen, die das sehr gut machen.“ Doch Erika Bergheim fühlt sich hinter dem Herd wohler als in einem Fernsehstudio. Nicht reden, sondern machen ist ihr Credo. Dabei: Sie lässt auch gern machen. Zumindest privat. „Man kann mir mit einem guten Essen eine große Freude machen.“ Nur trauen sich wenige, für die ausgezeichnete Köchin den Rührlöffel zu schwingen, „was schade ist“.
Was Erika Bergheim nun zum Gelingen eines guten Essens rät? Sich von Zutaten inspirieren zu lassen. „Wenn man sich Geschmäcker in Erinnerung ruft, findet man schnell ein passendes Gewürz oder frische Kräuter, die ein Essen veredeln können.“ Dabei müsse man nicht immer einen riesigen Aufwand betreiben. „Es reicht, wenn man einen leckeren Kräuterquark zu Pellkartoffeln zubereitet oder Karotten anbrät. Das kann hervorragend schmecken.“