Essen. Anfangs galt er als Opfer des Überfalls. Aber jetzt sitzt der 23 Jahre alte Azubi mit den mutmaßlichen Räubern auf der Anklagebank vor der VII. Essener Strafkammer. Er soll die Tat mit ihnen zusammen geplant haben, wirft die Anklage ihm vor.

Bewaffnet und maskiert hatten zwei Cousins, 24 und 30 Jahre alt, am 24. April 2010 die Rewe-Filiale im Nordviertel gestürmt. Gegenüber einem der Supermarktangestellten hätten sie die Maske aber getrost fallen lassen können, glaubt Staatsanwalt Thomas Holz. Denn der Auszubildende soll „in vollem Umfang“ eingeweiht gewesen sein.

Mitarbeiter sollen Bescheid gewusst haben

So dürfte er es eher locker gesehen haben, als die beiden Cousins um 22.30 Uhr mit ihrer Schusswaffe mehrere seiner Kollegen und ihn selbst bedrohten. Sie zwangen die Angestellten, den Tresor zu öffnen, nahmen 70 000 Euro aus dem Inneren. Wie hoch die Beute war, wo sie lag, mit wie vielen Angestellten sie zu rechnen hatten, all das soll ihnen der Auszubildende zuvor verraten haben. Kein großes Problem: Der jüngere der beiden Cousins arbeitete ebenfalls als Azubi bei Rewe.

Die Angeklagten wollen die Tat juristisch nicht als Raub bewertet sehen. Denn die übrigen Mitarbeiter in der Supermarktfiliale sollen ebenfalls Bescheid gewusst haben. Und dann, so liegt es nahe, wäre es nur ein vorgespiegelter Raub, juristisch nur ein Diebstahl mit einer weit geringeren Strafandrohung. Ob das stimmt? Die Anklage stellt ausdrücklich fest, dass die übrigen Raubopfer von der Tat nichts ahnten.

"Wir hatten Todesangst."

Einer der Mitarbeiter zeigt sich empört. Von einer dreisten Lüge spricht er: „Ich bin schockiert.“ Seit über acht Jahren sei er bei Rewe, habe sich hochgearbeitet. Nein, er hätte das nicht getan und habe nie die Idee gehabt, das Unternehmen zu schädigen. Er sei das Opfer des Raubüberfalls: „Wir hatten Todesangst. Wenn man so eine Pistole an den Kopf gehalten bekommt.“

Trotz kritischer Nachfragen blieben die Angeklagten zuvor bei ihrer Version. Sie hätten ja von den Überwachungskameras gewusst und deshalb darauf geachtet, wirklich zu schauspielern. Höflich und nicht zu bedrohend will der 30-Jährige aber aufgetreten sein. Richter Rudolf Fink spricht davon, dass der Angeklagte die Waffe in Richtung eines Opfers gehalten habe. Der 30-Jährige wehrt sich: „Ich habe die Waffe normal gehalten.“