Essen. 13 Jahre liegt der Überfall auf die Sparkasse im Hörsterfeld zurück. Längst hatte der Täter ins bürgerliche Leben zurückgefunden, da fasste die Justiz ihn doch noch: Zu sechs Jahren Gefängnis verurteilte die XVI. Strafkammer den 41-jährigen Bulgaren Ivailo S. am Dienstag.

„Es tut mir leid, ich wollte Sie nie verletzen“, entschuldigt er sich bei seinem Opfer und versucht, die Tat zu erklären: „Die Umstände damals waren andere.“ Doch die 65-jährige ehemalige Kassiererin reagiert kaum auf die Bitte um Entschuldigung.

28 Jahre alt war Ivailo S. am 7. Juli, dem Tattag. Illegal hielt er sich seit einem Jahr in Deutschland auf, trank nach eigenen Angaben zu viel Alkohol. Dann entschloss er sich zum Raub. In Duisburg kaufte er sich eine geladene Gaspistole, guckte sich die Filiale im Hörsterfeld genau an. Frühmorgens fuhr er am 7. Juli los, hatte sich vorher Mut angetrunken. Eine Flasche und zwei Dosen Bier, alle leer, entdeckte die Polizei später in seinem Fluchtwagen.

Keine Maskierung

Um 8.55 Uhr ging er in der kleinen Filiale zielgerichtet auf die Kassenbox zu und legte seine Pistole in die Durchreiche. Die Kassiererin verzichtete auf Gegenwehr, packte ihm umgerechnet rund 18.000 Euro auf den Tisch. Dann ging er. Auf Maskierung hatte er verzichtet. Schließlich wollte er Deutschland für immer verlassen. Mit Bus und Zug setzte er sich über Wien nach Bulgarien ab. Dort machte er einen Kiosk auf, lebte seitdem im Elternhaus. Als „Existenzgründerkredit“ meinte Verteidiger Volker Schröder, die Beute bezeichnen zu müssen. Kein schlechtes Bild, denn Tilgung und Zinsen kassiert jetzt die Justiz – in Jahren.

Ausgerechnet die EU-Erweiterung machte Ivailo S. einen Strich durch die Rechnung. Wenige Wochen nach dem Überfall wurde er als Täter identifiziert. Seit 2003 suchte die deutsche Justiz ihn mit europäischem Haftbefehl auch in seinem Heimatland. Und dort nahm die bulgarische Polizei ihn im Juli fest. Vier Tage später saß er in deutscher Untersuchungshaft.

Volles Geständnis

Vor der XVI. Strafkammer legt er am Dienstag ein volles Geständnis ab. Auf Milde wegen der langen Verfahrensdauer darf er nicht hoffen. „Dass es so lange dauerte, liegt an ihm“, sagt Richter Martin Hahnemann. Der Versuch des Gerichtes, die Folgen der Tat für das Opfer zu ermitteln, schlägt fehl. „Ich kann mich daran nicht mehr erinnern“, bedauert die ehemalige Sparkassenkassiererin. Der Richter hakt nach. Doch die Erinnerung bleibt fern. „Ich bin fünfmal überfallen worden, zweimal davon mit Geiselnahme. Einmal wurden wir auch gefesselt und geknebelt. Da war das hier doch harmlos“, erklärt die 65-Jährige.

„Angst hat man bei einem Überfall natürlich immer“, schiebt sie noch hinterher. Ob sie sich denn auch mal in psychologische Behandlung begeben habe, will Hahnemann von ihr wissen. Sie winkt erneut ab: „Ich habe immer am Tag danach wieder gearbeitet. Das hilft.“