Essen. .

2005 wurden ein Haus und ein Schuppen in Heisingen unter Denkmalschutz gestellt und von der Stadt Essen für 30.000 Euro gekauft. Weil die Stadt sie nie wirklich haben wollte, sind sie binnen fünf Jahren im Wortsinn in sich zusammen gefallen.

Die kurze, traurige Geschichte der Gebäude Wuppertaler Straße 426 A im städtischen Besitz könnten auch unter der Überschrift stehen: Ganz dumm gelaufen. Weil die Stadt sie nie wirklich haben wollte, sind sie binnen fünf Jahren im Wortsinn in sich zusammen gefallen.

Gebaut wurden Haus und Schuppen nach Einschätzung des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege im 18. Jahrhundert als Glashütte. Nach 1770 wurden sie als Unterkunft für Bergleute der Heisinger Stollenanlage „Notttekampsbank“ genutzt, die bis 1953 in Betrieb war. „Der Bau ist ein gutes Beispiel der auf ländliche Vorbilder zurück gehende Bauweise für Zwecke des frühen Gewerbebetriebes“, urteilten die Denkmalschützer 2004, und daher eines Baudenkmales würdig.

Schlechte Bausubstanz, hoher Sanierungsbedarf, wenig Nutzfläche

Es ist nicht überliefert, ob der Besitzer der seit 2000 leer stehenden und baufälligen Gebäudes glücklich war mit dem anstehenden Denkmalschutz. Fest steht, dass findige Rechtsanwälte in seinem Auftrag auf ein überholtes, aber noch gültiges Planungsrecht stießen: Über das Grundstück war mal der Verlauf einer Straße geplant worden. „Nach Lange der Dinge wird diese Straße nie mehr gebaut werden. Aber das Planungsrecht war halt noch da“, sagt Hans Ülecke, Fachbereichsleiter im Amt für Stadtentwicklung. Und wenn es einen solchen Bebauungsplan gibt, steht dem Grundstückseigentümer nach dem Baugesetzbuch ein „Übernahmeverlangen“ zu: Er kann von der Stadt verlangen, ihm das Grundstück abzukaufen. Rund 30 000 Euro zahlte die Stadt im Jahr 2005 - und hatte damit die frisch denkmalgeschützten Gebäude am Bein.

Auch interessant

Es ist nicht überliefert, ob die Verwaltung glücklich war mit dem neuen Besitz. Fest steht, dass das Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement das Ensemble postwendend zum Verkauf anbot. „Es gab auch Interessenten“, sagt Ülecke. „Aber die sind sofort abgesprungen, so bald sie einmal drin waren.“ Schlechte Bausubstanz, hoher Sanierungsbedarf, wenig Nutzfläche und keine Erweiterungsmöglichkeiten wegen des Denkmalschutzes schreckte die Interessenten ab. Zum Schluss kamen sie gar nicht mehr ins Gebäude: Ein Statiker stellte im März 2007 Einsturzgefahr und verkündete: Hier darf niemand mehr hinein.

„Es tut einem schon Leid, wenn man das sieht“

Es ist nicht überliefert, ob die Verwaltung ernsthaft über eine Sanierung nachgedacht hat. Fest steht: Es passierte weiter nichts. Folge: Im Frühjahr 2010 stürzte der Schuppen ein. Gleichzeitig ächzte im Hauptgebäude der Schornstein noch ein letztes Mal auf , stürzte ins Innere und nahm dabei Teile des Dachs und der Holzbalkendecke mit.

Jetzt wurde das Immobilienmanagement aktiv - und beantragte erst den Abbruch des Schuppens und dann die Löschung des Hauses aus der Denkmalliste. Zu diesem Zweck gab die Stadt eine Bestandsaufnahme in Auftrag. Ingenieurin Andrea Bayer kam zu einem Ergebnis, das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr überraschen konnte. Dach, Fachwerkwände und Keller sind zu 100 Prozent baufällig: „Der Substanzverlust ist so erheblich, dass das Objekt seine Identität als Baudenkmal und somit die Denkmaleigenschaft verliert“, resümiert die Denkmalschützerin Petra Beckers.

Unter dem unauffälligen Titel „Fortschreibung der Denkmalliste für die Stadt Essen“ soll die Bezirksvertretung am Dienstag die Löschung des Hauses aus der Denkmalliste beschließen. Hans Üleckes Nachruf: „Es tut einem schon Leid, wenn man das sieht.“