In der Essener Innenstadt versteckt sich bedeutende Architektur wie das Beadekerhaus hinter hohen Bäumen. „Muss das sein?“, fragt Architekt Peter Brdenk will für den Umgang mit Architektur empfindsam machen.
Essen ist eine grüne Stadt. Aber ist die Stadt zu grün? „Wo wir jetzt stehen, fuhr früher die Straßenbahn“, sagt Peter Brdenk und meint die Kettwiger Straße. Heute muss niemand mehr fürchten, er könne unter die Räder kommen. Dort, wo früher Gleise lagen, bedeckt ein dichtes Blätterdach die Fußgängerzone vor dem Baedekerhaus. Das Gebäude mit der imposanten Muschelkalkfassade von 1928 zählt zu den stadtbildprägendsten Bauten der Innenstadt. Nur: Man sieht es nicht. Wer einen Blick auf die Skulpturen des Bildhauers Josef Enseling werfen will, muss nahe herantreten an das Gemäuer und den Hals recken. Muss das sein, fragt Brdenk?
Der Essener Architekt will empfindsam machen für den Umgang mit Architektur in dieser Stadt und für den Umgang mit Grün. Es ist ein sensibles Thema, hängt doch gerade der Innenstadt der Ruch von Betonarchitektur an. Das gilt vor allem für die Plätze, der Willy-Brandt-Platz mag einem spontan einfallen, oder der Kennedyplatz. Es gibt Gegenbeispiele, sagt Brdenk. Das Baedeker-Haus oder der Kopstadtplatz, wo sich die Fassade des Allbau-Hochhauses ebenfalls hinter Grün versteckt, oder die Altkatholische Friedenskirche.
Essen aus der Luft
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Kuratorium der Altkatholischen Friedenskirche diskutiert Baumschnitt
500 000 Euro sind bislang in die Sanierung der bedeutenden Jugendstilkirche an der Schützenbahn geflossen. Aber hätte die Kirchengemeinde nicht auch eine neue Haube auf ihren Kirchturm gesetzt, das Gotteshaus wäre hinter den hohen Linden nicht zu sehen. Zwar hatte Architekt Albert Erbe sehr wohl Bäume vorgesehen, als er die Altkatholische Kirche entwarf. „Es waren eher Zierbäume, drei bis vier Mieter hoch“, sagt Brdenk. Dass Bäume auch wachsen, werde von Architekten häufig leider übersehen.
Sollten die Bäume also gefällt werden? Im Kuratorium der Altkatholischen Friedenskirche wurde diese Frage heiß diskutiert. Schließlich verständigte sich das Gremium auf einen Kompromiss: Eine Linde, die der Fassade besonders nahe kommt, darf mit Zustimmung der Unteren Landschaftsbehörde entfernt werden.
Denn die Baumschutzsatzung lässt Ausnahmen zu. Das „Wohl der Allgemeinheit“ ist ein solcher Ausnahmetatbestand. Aber wer bitteschön definiert, was dem Wohle der Allgemeinheit dient? Denkmalschutz und Naturschutz schließen einander nicht aus, stehen aber zuweilen in Konkurrenz zueinander. Letztlich ist es eine politische Entscheidung.
„Domplatz hat gewonnen“
Als vor einigen Jahren in Rede stand, am Salzmarkt einige Bäume wegzunehmen, scheiterte dies am Widerstand der Grünen. Zwar hatte sich eine Interessengemeinschaft der Anlieger für einen „behutsamen Eingriff“ in den Baumbestand ausgesprochen, mit der Partei, die ihre Wurzeln in der Ökologiebewegung hat, war dies nicht zu machen.
„Gesunde müssen nicht gefällt werden“, sagt Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne) und formuliert damit eine Grundsatzhaltung, die für Kompromisse nur begrenzt Spielraum lässt. Auch wenn für Bäume, die gefällt werden, neue gepflanzt werden sollten.
Architekt Peter Brdenk weist vom Baedekerhaus hinüber zum Dom. Als das Bistum den Vorplatz neu gestalten ließ, wurde eine Platanenreihe abgeholzt und durch eine neue ersetzt. Die alten, deutlich größeren Bäume waren krank, so ein Gutachten. Der Domplatz, sagt Brdenk, habe dadurch nur gewonnen.
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