Ab Dienstag kann man im Internet Spar-Vorschläge einreichen. Stadtkämmerer Lars Martin Klieve hofft zwar nicht auf den Stein des Weisen, doch schon die Debatte lockert Denkblockaden bei Politik und Verwaltung.
Zugegeben, das Rad neu erfunden haben die 3700 Bürger nicht, die im letzten Jahr ihre Sparvorschläge für den städtischen Haushalt einbrachten. Kein einziger Vorschlag war wirklich brandneu. Einige aber, etwa die Forderung nach mehr Kreisverkehren statt teurer Ampeln, entfalteten doch eine gewisse Wirkung bei den Politikern, die am Ende entscheiden müssen. „Die Bürgerdiskussion ist ein guter Indikator, in welche Richtung man denken sollte“, sagt Stadtkämmerer Lars Martin Klieve, der gerne einräumt, dass die Verwaltung nicht gefeit ist vor der berühmten „Schere im Kopf“. Und weil der Bürger also hilft, Denkblockaden aufzubrechen, startet die Stadt ab heute den zweiten Durchgang: Im Internet kann jeder mitreden, wenn es für den Haushalt 2012 um die immergrüne Frage geht: Sparen ja, aber wo?
Unter der Adresse www.essen-kriegt-die-kurve.de gibt’s drei Mitsprache-Stufen: Zunächst kann der Bürger auf einem Spar-Tacho grundsätzliche Weichen in sieben großen Ausgabenblöcken stellen. Soll die Kultur stärker bluten und der Personaletat weniger? Oder doch lieber umgekehrt? Schlaubergern, die bei allen Politikfeldern auf weniger sparen plädieren, wird die Konsequenz symbolisch vor Augen geführt. Das Computerprogramm rechnet dann automatisch die Erhöhung der Grundsteuer vor, die jeder Bürger alternativ zu zahlen hätte. Sie fiele extrem aus.
Vorbildlich und beispielgebend
In einem Forum-Teil folgt dann die Kür. Hier können die Teilnehmer eigene Spar-Ideen unterbreiten und die anderer bewerten. Die 50 Vorschläge mit der höchsten Zustimmungsquote gehen in die politische Beratung. Sollte sich unter den weniger populären ein Spar-Knüller verbergen, an den noch niemand dachte, „dann wird uns das nicht entgehen“, verspricht Kämmerei-Leiter Rüdiger Kersten.
So muss Essen sparen
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Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler NRW hält die Essener „Bürgerhaushalt“ Initiative für vorbildlich und beispielgebend, selbst wenn man zugeben müsse, dass „gerade in einer Großstadt und gerade in Essen schon viele Spar-Möglichkeiten erkannt sind“. Dennoch will Kanski die 2000 Essener Mitglieder mobilisieren, damit sie sich auf jeden Fall beteiligen. Grundinteresse am Thema darf man in diesem Kreis voraussetzen.
Portal offen bis zum 3. Oktober
Stadtkämmerer Klieve verspricht sich von der Aktion generell etwas Verständnis dafür, wie kompliziert der Job des Sparens für Rat und Verwaltung ist: „Wir wollen die Bürger mit der gleichen schweren Fragen konfrontieren, die sich auch der Politik stellen.“ Bei einseitiger und klarer Interessenlage mag es einfach sein, forsche Forderungen zu erheben, doch der Rat muss eben die gesamte Stadt und Stadtgesellschaft im Blick haben.
Drei Wochen bis zum 3. Oktober ist das Portal offen, dann wird Bilanz gezogen. Per Rechenschaftsbericht wird allen anschließend mitgeteilt, ob ihre Vorschläge rechtlich umsetzbar sind und politisch Anklang fanden - oder eben nicht.
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