Essen.

Es ist nicht mehr als ein Nachbarschaftsstreit. Doch dass er an einer Stadtgrenze ausgefochten wird, sorgt für kuriose Auswüchse: Vor über einem Jahr sperrte die Stadtverwaltung Oberhausen von ihrer Seite aus die Tunnelstraße, ein kurzes und schmales Nadelöhr, das ins Dellwiger Gewerbegebiet „Ripshorster Straße“ führt. Die Essener Stadtverwaltung kritisierte diese Sperrung als „formal falsch“ und hält ihrerseits die Durchfahrt konsequent frei. Nun beharren beide Seiten auf ihrem Standpunkt - und Autofahrer sind mächtig verwirrt.

Klagen der Anwohner

Es gilt mal wieder das Sankt-Florian-Prinzip: Den lauten und oft störenden Lieferverkehr vor allem zu den Schrottplätzen des Dellwiger Gewerbegebiet „Ripshorster Straße“ will niemand gern an seinem Vorgarten vorbei ziehen sehen. Im Juni 2010 hatten Essener Politiker und die hiesige Verwaltung nach eigener Aussage erfahren, dass Oberhausen einen Monat später die Tunnelstraße sperren wollte. Damit gab die Nachbarstadt einem jahrelangen Klagen der Anwohner der Tunnelstraße nach.

Denn um ins Dellwiger Gewerbegebiet zu kommen, war ihre Straße lange der kürzeste Weg - und entsprechend stark befahren von Lieferwagen. Hohe Lkw, die unter der niedrigen Bahnunterführung nicht hindurch kamen, hätten auf den privaten Einfahrten oftmals versucht zu wenden und damit Kinder gefährdet, hieß es unter anderem.

Diese Transporter suchen sich 2010 neue Wege: Seitenstraße, deren Anwohner sich nun ihrerseits auf Bürgerversammlungen, mit Unterschriftenlisten und Leserbriefen über den zunehmenden Verkehr vor der eigenen Haustür beklagen. Hans Gonska, Anwohner der Oberhausener Straße „In der Sandgathe“, etwa schimpft über lange Umwege, die er und seine Nachbarn in Kauf nehmen müssen. „Ältere Leute, die mit dem Taxi zum Arzt nach Dellwig fahren müssen, zahlen drauf.“ An seiner Straße wohnten viele Familien mit kleinen Kindern - „mehr als an der Tunnelstraße“ - , die nun vom Lieferverkehr gefährdet würden.

"Unhaltbarer Dauerzustand"

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Klaus Dieter Pfahl (CDU) vom Bürger- und Verkehrsverein Essen-Dellwig/Gerschede stimmt in die Kritik ein: Die Tunnelstraße ist eine von drei Zufahren ins Gewerbegebiet, seit der Sperrung werde der Verkehr stark auf die Seitenstraßen Dellwig verdrängt. „Die einseitige Sperrung war für sechs Monate geplant, in der Zeit sollte Essen die Situation diskutieren.“ Die Stadtverwaltung habe die Sperrung abgelehnt - „Aus dem Provisorium ist ein unhaltbarer Dauerzustand geworden.“ Er stellt in Frage, ob die einseitige Sperrung auch rechtens sei.

Denn die Tunnelstraße an der Stadtgrenze teilt sich nicht nur zwischen Oberhausen und Essen auf, ein Schienenübergang gehört zudem zur Deutschen Bahn AG. Und die Bahn hatte bereits im Herbst des vergangenen Jahres schriftlich mitgeteilt, sie lehne eine sogenannte Teileinziehung der Straße ab, mit der die Nutzung der Straße beschränkt werden würde.

"Die Sperrung bleibt"

Der Oberhausener Bau- und Planungsdezernent Peter Klunk hatte daraufhin erklärt, eine Teileinziehung sei gar nicht notwendig: „Von einer Teileinziehung spricht man, wenn man den Charakter einer Straße verändert, ihre Widmung zum Beispiel auf bestimmte Benutzungsarten beschränkt. Das wollen wir gar nicht tun.“ Die Aussage von DB stehe deshalb auch nicht im Widerspruch zur Sperrung.

Dieter Schmitz, Leiter des Essener Verkehrsmanagements, widerspricht dieser Sicht: Gegen den Willen eines Eigentümers sei eine Dauersperrung nicht durchsetzbar. „Wir werden unsere Durchfahrt weiterhin offenhalten.“

Klunk verteidigte kürzlich erneut den Alleingang Oberhausens: „Die Entscheidung war richtig, die Sperrung bleibt.“ An der Stelle heißt es dann wohl: Fortsetzung folgt.