Essen. Bis 2016 sollen in Essen für 67 Millionen Euro insgesamt 3600 neue Plätze für Kinder unter und über drei Jahren entstehen. Der Anlass ist dramatisch: In den letzten beiden Jahren konnten rund 1500 Kinder mangels Plätzen nicht versorgt werden.
Die Stadt plant vom kommenden Jahr an einen Ausbau von Kinder-Betreuungsplätzen, der in dieser Entschlossenheit beispiellos sein dürfte: Bis 2016 sollen für 67 Millionen Euro insgesamt 3600 neue Plätze für Kinder unter und über drei Jahren entstehen.
Damit würde die Stadt ihre derzeitigen jährlichen Investitionen in die Kinderbetreuung jeweils um ein gutes Viertel erhöhen: Im Moment gibt die Stadt rund 62 Millionen Euro pro Jahr für den Betrieb von Kindergärten und die Unterstützung von Tagesmüttern aus – Elternbeiträge und Landeszuschüsse sind davon schon abgerechnet. Künftig würden es im Schnitt 16,75 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich sein.
Ausbau der Betreuungsplätze „gesamtstädtische Aufgabe mit höchster Priorität"
So steht es in einer Beschlussvorlage, über die in der kommenden Woche der Jugendhilfeausschuss diskutiert. Mitte Juli soll dann der Rat entscheiden. „Das gesamte Vorhaben ist als sehr ernst anzusehen“, sagt Christina Bäuerle, Leiterin des Jugendamts, und verweist auf einen entscheidenden Satz in der Beschlussvorlage: Der Ausbau der Betreuungsplätze, heißt es dort, „wird als gesamtstädtische Aufgabe mit höchster Priorität definiert.“
Das bedeutet konkret: Oberbürgermeister Paß und sämtliche Dezernenten machen das Thema Kindergärten zur Chefsache. Damit belegt die Verwaltungsspitze, dass Fragen zur Kinderbetreuung einen nie gekannten Stellenwert erreicht haben – sie sind nicht länger Nebensachen, sondern harte Standortfaktoren im Kampf gegen die Abwanderung von Bürgern.
In den letzten beiden Jahren sind Klagen über mangelnde Plätze immer lauter geworden: Rund 1500 Kinder, schätzt man, konnten nicht versorgt werden – selbst Kinder ab drei Jahren, deren Eltern einen Rechtsanspruch haben, bekamen keinen Platz. „Der Bedarf ist in den letzten zwei Jahren erheblich gestiegen“, erklärt Sozialdezernent Peter Renzel. „Früher haben nicht alle Eltern ihre Kinder ab drei in den Kindergarten geschickt. Das hat sich geändert.“ Dies, findet Renzel, sei nicht absehbar gewesen: „Der Vorwurf, wir hätten früher zu wenig getan, führt in die Irre.“
400 weitere Fachkräfte nötig
Der Plan, den die Verwaltung jetzt vorlegt, sieht vor, dass die Versorgungsquote für Unter-Dreijährige von derzeit 19,1 Prozent auf 35 Prozent im Jahr 2015 steigen soll. Die Zahl der Plätze wird von derzeit 2630 auf 4760 fast verdoppelt. Das aus Berlin vorgegebene Ziel, bereits im Jahr 2013 eine Versorgungsquote von 35 Prozent zu erreichen, werde man „trotz aller Anstrengungen“ nicht erreichen können, heißt es.
Die Versorgungsquote der Kinder zwischen drei und sechs Jahren soll von derzeit 89,6 auf 100 Prozent im Jahr 2015 steigen. Die Zahl der Plätze würde von derzeit knapp 14 000 auf rund 15 300 wachsen.
Für die neuen Betreuungsplätze wären 400 weitere Fachkräfte nötig. Derzeit prüft die Stadt, welche städtischen Gebäude in Kitas umgewandelt werden können – vor allem leere Grundschulhäuser stehen im Fokus. Würde man für alle neu einzurichtenden Plätze Gebäude errichten müssen, käme man auf 50 neue Kitas.
Die Investitionssumme von 67 Millionen Euro soll allein aus dem Ressort von Sozialdezernent Renzel kommen: Die letzten Gesetzänderungen haben bewirkt, dass die Stadt weniger Hartz-IV-Kosten hat als früher. Das, so Renzel, schaffe neuen Spielraum.