Essen. Alle 47 städtischen Einrichtungen werden auf den Gehalt von gefährlichen Weichmachern in der Luft geprüft.
Es war eine bundesweite Studie des Bundes für Umwelt- und Naturschutz („Bund“), die im März aufhorchen ließ: Kindergärten und -tagesstätten in Deutschland sind mehr als dreimal so stark mit hormonellen Schadstoffen belastet wie normale Haushalte. Im Hausstaub der Einrichtungen fand man Weichmacher (Phthalate), die im Verdacht stehen, ins Hormonsystem einzugreifen.
Darauf reagierten die Ratsfraktionen von CDU, Grünen, FDP und EBB – und beauftragten die Verwaltung, auch die Essener Kitas genau zu untersuchen.
„Noch im Sommer soll die Überprüfung starten“
Jetzt stehen erste Details fest: „Noch im Sommer soll die Überprüfung starten“, sagt Mathias Bänfer, Leiter der Abteilung „Pädagogische Einrichtung“ des städtischen Jugendamts. 47 städtische Gebäude, in denen Kinder betreut werden, sollen untersucht werden. In die Aktion eingebunden sind auch die städtische Immobilienwirtschaft, das Gesundheits- und das Umweltamt.
So funktioniert die Messung: Eine Woche lang werden die wichtigsten Räume jeder Einrichtung nach Betriebsschluss gesaugt – nicht gewischt. Pro Raum wird ein unterschiedlicher Staubsaugerbeutel benutzt, damit man nachher jeden Staub dem richtigen Raum zuordnen kann. „Es ist noch offen, wie und durch wen die Proben genommen werden“, erklärt Christine Müller-Hechfellner, die jugendpolitische Sprecherin der Grünen. Normalerweise werden städtische Kitas von Mitarbeitern der städtischen Reinigungsgesellschaft RGE saubergemacht.
Dann wird der Staub analysiert – von welchem Umweltinstitut, ist auch noch offen. „Die Ausschreibung erfolgt kurzfristig“, kündigt Mathias Bänfer an. Fest steht bislang nur, was es kostet: Mit 500 Euro pro Kita ist zu rechnen.
Keine festgelegten Grenzwerte vorhanden
Zwei Schwierigkeiten sind noch zu klären. Erstens: „Es gibt keine gesetzlich festgelegten Grenzwerte für die Belastung mit Phthalaten“, erklärt Müller-Hechfellner. Das bedeutet: Die Zahlen sind immer interpretationsbedürftig.
Und zweitens: „Der Staub gibt keinen Aufschluss darüber, ob die Weichmacher, die man findet, von Einrichtungsgegenständen kommen oder von der Kita-Einrichtung“, sagt Bänfer.
Zur Einrichtung zählen Plastikböden, Teppiche, eventuell auch Tapeten. Einrichtungsgegenstände in Kitas stehen besonders unter Phthalat-Verdacht: Turnmatten, Sitzsäcke – und nicht zuletzt die Gummistiefel und das Regenzeug, das die Kinder an den Garderoben vor den Gruppenräumen aufhängen.
Nach der Erhebung sollen die Einrichtungen beraten werden, auch an Infos für Eltern ist gedacht.
Andere Träger von Betreuungseinrichtungen sind nach Auskunft von Bänfer übrigens eingeladen, mitzumachen: Nur die Kosten müssten sie selbst tragen.