Essen-Werden. Klingt viel, ist aber deutlich zu wenig: Stadtweit bieten die verschiedenen Träger in insgesamt 243 Kindertageseinrichtungen rund 15 000 Plätze an. Die Zahl der Mütter und Väter, die für ihren Nachwuchs einen freien Platz suchen, ist allerdings deutlich höher - in vielen KiTas sind die Wartelisten unerträglich lang - und die Verzweiflung und die Not der Eltern, die abgelehnt werden, ist oftmals groß.
Immer mehr machen deshalb auch ihren Rechtsanspruch geltend, der besagt, dass Kindern mit Vollendung des dritten Lebensjahres von Seiten der Kommune ein KiTa-Platz zur Verfügung gestellt werden muss.
Das wäre die Gesetzeslage, doch die Realität sieht anders aus. Gerade im Essener Süden hält sich die Stadt Essen vornehm zurück. Weder in Werden noch in Kettwig gibt es eine einzige städtische Einrichtung. Lediglich die Spielgruppe im Kettwiger Rathaus ist städtisch und soll den Dreijährigen, die keinen KiTa-Platz bekommen haben, eine Übergangsmöglichkeit schaffen. Eine schlechte Alternative für Berufstätige, denn die zwölf Kinder werden lediglich von montags bis donnerstags betreut - in der Zeit von acht bis zwölf Uhr.
Die Kinderbetreuung obliegt im Essener Süden den freien und den kirchlichen Trägern. Und dort musste sich das Werdener Ehepaar Iza und Detlef Symanski 2007 auf die Suche nach Kindergartenplätzen für die Zwillinge Linda und Philip machen.
In der privaten KiTa „Mäusezirkus“ am Frielingsdorfweg kamen die Geschwister unter. Ein Jahr waren sie damals alt. Die Symanskis sind selbstständige Unternehmensberater und müssen nicht auf den Cent schauen, aber „1000 Euro im Monat für eine wöchentliche 25-Stunden-Betreuung waren auf die Dauer zu viel“, sagt Iza Symanski. Und beim Preis für die Zwillinge sei ihnen die Einrichtungsleitung sogar noch entgegen gekommen.
Schweren Herzens, da die Leistungen dieser Einrichtung ohne Fehl und Tadel waren, nahm das Ehepaar einen Wechsel in Angriff. Zu einer kirchlichen KiTa. „Wir waren ganz naiv und haben gedacht, wir gehen einfach dahin und melden unsere Kinder an“, erinnnert sich Iza Symanski. Was folgte, war ein Berg an Schwierigkeiten, viele Hürden die genommen werden mussten. „In einigen Einrichtungen sah es noch aus wie Ende der 60er Jahre, als ich in den Kindergarten gegangen bin“, sagt der gebürtige Werdener Detlef Symanski. Zusagen, dann Absagen, dann keine Information. „Ich frage mich, warum die Stadt diesen Kindergarten-Pass herausgibt. Den wollte noch nie jemand sehen.“
Die Symanskis wohnen in der Straße Rebenranke, und in der näheren Umgebung bot lediglich die Katholische Kindertagestätte St. Kamillus in Heidhausen eine Ü3-Betreuung an, und seit September 2009 besuchen Laura und Philip die Einrichtung an der Barkhovenallee. Detlef Symanski ist Elternratsvorsitzender, erlebt auch in dieser Funktion weiterhin eine Mängelverwaltung. „Wir haben hier drei Gruppen, und nur einer Gruppe steht warmes Wasser zur Verfügung - zum Händewaschen, Zähneputzen.“ Man könne nicht alles auf Elternschultern abladen - der Förderverein kaufe schon das Spielzeug, und Detlef Symanski gewinnt mehr und mehr den Eindruck, „dass die Eltern und die Erzieherinnen resignieren“.
Zu wenig KiTa-Plätze, eine schlechte Ausstattung und „eine Familienpolitik, die auf Familienstrukturen setzt, wie es sie heute nicht mehr gibt“ - die Bilanz der Symanskis fällt nicht positiv aus. „Die Situation in Werden ist einfach schlecht - Eltern und Kinder haben keine Lobby...“