Essen. .
Die Anmeldezahlen an den Essener Schulen stehen fest. Zwei Einrichtungen, die Neues wagten, wurden bestätigt. Zu den Gewinnern gehört das Gymnasium Borbeck, das als einzige Schule zum Abi nach 13 Jahren zurück kehrt. Für einige Hauptschulen sieht’s düster aus.
Fast jeder zweite Viertklässler geht vom kommenden Schuljahr an auf eins der 20 städtischen oder kirchlichen Gymnasien. Das ergeben die aktuellen Zahlen fürs Schuljahr 2011/12, die die Verwaltung am Montag nach Abschluss der zweiten Anmeldungsrunde bekanntgab. Der Anteil an Kindern eines Jahrgangs, die auf ein Gymnasium gehen, steigt von 44,3 Prozent (aktuelles Schuljahr) auf 44,7 Prozent (2011/2012). Die andere Hälfte der Viertklässler teilen sich in etwa die Gesamtschulen (Anteil 25,8 Prozent) und die Realschulen (Anteil 25,3 Prozent). An einer Hauptschule sind fürs kommende Jahr 4,4 Prozent des Jahrgangs angemeldet worden. Zwei Hauptschulen droht das Aus.
Gewinner und Verlierer - die Analyse
Die Gewinner. Mit Spannung erwartet worden waren die Zahlen der beiden Gymnasien Borbeck und Alfred Krupp (Frohnhausen), entsprechend früh sickerten schon im Februar erste Infos durch. Beide Schulen haben sich zu weitreichenden Neuerungen entschieden – das Gymnasium Borbeck kehrt als einziges Gymnasium in Essen zu „G9“ zurück, bietet für die kommenden Jahrgänge also wieder das Abi nach 13 Schuljahren an. Die Alfred-Krupp-Schule integriert als erstes Essener Gymnasium eine Behinderten-Lerngruppe in eine reguläre Schulklasse. Diese Klasse erhält über weite Strecken zwei Lehrer, die gesamte Klasse ist wesentlich kleiner. Beide Gymnasien sind für ihren Mut, risikoreiche Änderungen einzuführen, belohnt worden: Sie konnten ihre Anmeldezahlen im Vorjahresvergleich deutlich steigern. Die Schulverwaltung hält damit den G9-Schulversuch in Borbeck und die Integrationsklasse in Frohnhausen seitens der Eltern für „akzeptiert“. Es bleibt aber offen, ob diese Änderungen für beide Schulen, die in den Vorjahren mit schwachen Zahlen zu kämpfen hatten, eine langfristige Wende bedeutet. Weitere Gewinner sind alle Schulen mit gewohnt hohen Zahlen: Zum Beispiel Helmholtz, Werden, Humann, Leibniz, Wächtler, Überruhr, die traditionell starken Realschulen Bäumer und Einstein, oder die vier Gesamtschulen Heinemann, Levy, Holsterhausen und Borbeck, die wie in jedem Jahr mehr Anmeldungen als Kapazitäten hatten.
Die Verlierer. Ausgerechnet eins der traditionsreichsten Gymnasien, das Burggymnasium, verzeichnet einen neuen Tiefststand. Die Leiterin Petra Schnell-Klöppel, erst seit Sommer im Amt, vermutet: Wegen der gestiegenen Belastung durchs „Turbo-Abi“ wollen viele Eltern ihren Kindern weitere Belastungen ersparen – zum Beispiel einen langen Schulweg. Die „Burg“ ist das einzige Gymnasium in Essen ohne direktes Wohnumfeld. „Wir müssen künftig stärker an unseren Alleinstellungsmerkmalen arbeiten“, kündigt die Leiterin an, „sodass mehr Eltern erkennen, dass sich auch der längere Weg zu unserer Schule lohnt.“ Deutlich gesunken in der Gunst der Eltern ist auch das Mädchengymnasium Borbeck: Ob das am Nachbarn „GymBo“ liegt, bleibt Spekulation. Angesichts der starken Konkurrenz (Don Bosco und eine beliebte Gesamtschule) und insgesamt weiter sinkenden Schülerzahlen drängt sich fast die Frage auf, ob langfristig im Stadtteil Borbeck alles so bleiben kann, wie es ist.
Für einige Hauptschulen bleibt die Lage düster
Die Zahl der Gesamtschüler ist im Vorjahresvergleich leicht zurückgegangen, die der Hauptschüler leicht gestiegen. Doch damit haben Essener Eltern bei den Anmeldungen keine neue Kehrtwende zugunsten der in Verruf geratenen Hauptschulen bewirkt. Viel eher kann davon ausgegangen werden, dass das neue Anmeldesystem, in diesem Jahr erstmals eingeführt, den Gesamtschulen etwas geschadet und das „gegliederte Schulsystem“ ein wenig bevorzugt hat.
In diesem Jahr mussten alle Schulformen ihre Anmeldephasen zeitgleich organisieren. Wer sich auf einer der vier besonders beliebten Gesamtschulen Heinemann, Levy, Holsterhausen oder Borbeck angemeldet hatte, musste mit dem Risiko leben, dort abgelehnt – und dann von der Verwaltung an irgendeiner anderen Gesamtschule angemeldet zu werden. Denn: Eine offizielle Nachmelde-Phase für Kandidaten, die bei ihren Wunsch-Schulen abgelehnt worden waren, gab es nur für das „gegliederte Schulsystem“, also Gymnasium, Haupt- oder Realschule. Dieses Risiko haben offenbar zahlreiche Eltern gescheut. Schließlich ist der Ruf der acht Gesamtschulen im Stadtgebiet ausgesprochen unterschiedlich. Im alten Anmeldeverfahren durften Gesamtschulen stets zuerst Anmeldungen entgegennehmen – erst dann war das „gegliederte Schulsystem“ an der Reihe. Eine Auflage der Aufsichtsbehörde machte das neue Verfahren nötig. In der Vergangenheit, hieß es, seien Gesamtschulen bevorzugt worden.
Wohl nur so ist zu erklären, dass einige Hauptschulen erstmals seit Jahren sogar eine leichte Steigerung der Anmeldezahlen verzeichnen. Für einige Häuser aber bleibt die Lage düster. Am „Schetters Busch“, der Schule, die die schwarzgelbe NRW-Regierung vor Jahren noch mit Ganztagsbetrieb aufwertete, kommt man über zehn Anmeldungen nicht hinaus. Auch an der Hauptschule Katernberg fehlen noch Kinder. 18 sind nötig für die Bildung einer Eingangsklasse. Man hofft, dass noch Nachzügler kommen - sonst ist die Stadt gezwungen, die Schulen auslaufen zu lassen. Erst nach Ostern will die Verwaltung entscheiden.