Essen.

Die Leiterin des Gymnasiums Borbeck erklärte im Schulausschuss, warum die Schule zurück will zu „G9“. Die Schule ist das einzige Gymnasium in Essen, das zum alten Abiturmodus zurückkehren will.

Ursula Alsleben, Leiterin des Gymnasiums Borbeck („GymBo“), hat Mittwoch im Schulausschuss scharfe Kritik an den Auswirkungen des Abiturs nach acht Gymnasialjahren geübt und begründet, weshalb sie zu „G9“ zurück will: „Es fehlt Zeit zum Üben, die Schüler sind am Nachmittag nicht immer so aufnahmefähig, wie es nötig wäre“, erklärte sie dem Schulausschuss.

Das Gymnasium Borbeck ist das einzige Gymnasium in Essen, das zum alten Abiturmodus zurückkehren will, wobei dem Vernehmen nach die Entscheidung in der Schulkonferenz knapp ausfiel. Der Ausschuss gab dazu gestern eine zustimmende „Empfehlung“ ab mit den Stimmen von SPD, Grünen, EBB und Linken. Die FDP stimmte dagegen, die CDU enthielt sich. Die Zustimmung des Rats gilt nur noch als Formsache. Damit kann im nächsten Schuljahr der erste Fünfer-Jahrgang am Gymnasium Borbeck das Abitur planmäßig nach neun Jahren ablegen.

Die alte NRW-Regierung hatte das so genannte „Turbo-Abi“ nach zwölf Jahren („G8“) im Sommer 2005 eingeführt. Die neue Regierung in Düsseldorf macht die Rückkehr zum alten Abi als „Schulversuch“ möglich. Viele Bestandteile des „G8“ bleiben jedoch erhalten: Die zweite Fremdsprache wird auch am „GymBo“ künftig bereits in Klasse sechs eingeführt und nicht wie früher, vor 2005, erst in Klasse 7.

„Zu vieles kommt zu kurz“, sagte Ursula Alsleben. Schulische Aktivitäten am Nachmittag würden von Kindern und Jugendlichen weniger besucht, „weil die Schüler verstärkt an den Nachmittags-Unterricht und an die Hausaufgaben gebunden sind. Wir hätten gerne mehr Zeit für die Schüler.“

„Wir werden die Schüler künftig gründlicher auf das Abitur vorbereiten“

Ein Jahr mehr Zeit bedeute: „Wir werden die Schüler künftig gründlicher auf das Abitur vorbereiten, als wir es je konnten.“ Zwar gebe es in der Schule „ein bisschen Respekt“ vor dem Organisationsaufwand, räumte die Schulleiterin ein. Am „GymBo“ werden zwei Jahre lang Schüler zeitgleich nach „G9 neu“, „G8“ und „G9 alt“ unterrichtet.

Dass das GymBo die einzige Schule sei, die sich zu diesem Schritt entschlossen habe, wollte Ursula Alsleben gegenüber der WAZ nicht kommentieren. Schuldezernent Peter Renzel (CDU) hatte zum Beginn der Sitzung die Schulleitung indirekt kritisiert: „Nach anfänglichen Schwierigkeiten“, so Renzel, hätten die Essener Gymnasien „gute Wege gefunden, die G8-Praxis zu optimieren.“ Gleichwohl habe die Schule in ihrem Antrag „mehrere nachvollziehbare Gründe“ genannt, warum sie vom „Turbo-Abi“ abkehren will.

SPD, Grüne und Linke begrüßten die Entscheidung des Borbecker Gymnasiums. „Viele Schulen sind nicht glücklich mit dem Abitur nach zwölf Jahren“, betonte Walter Wandtke von den Grünen. Manfred Reimer (SPD) kritisierte die FDP, die Kritik am Beschluss des „GymBo“ geübt hatte (WAZ vom Dienstag). Die Schule mache sich zur „Exoten-Schule zweiter Klasse“, so die FDP. – „Solche Kritik ist wenig hilfreich und zeugt von wenig Verantwortungsbewusstsein“, sagte Reimer. FDP-Politiker Eduard Schreyer hielt dagegen: „Die Entscheidung der Schule entspricht nicht der Auffassung, die wir für richtig halten.“ Ekkehard Witthoff von der CDU sagte, seine Partei habe „Vorbehalte“ gegen den Schulversuch.“ „Unsere besten Wünsche begleiten Sie aber“, sagte er zur Schulleiterin.

Die wunderte sich später im Gespräch mit einem Radio-Reporter über die Enthaltung der CDU: „Dabei ist unser Beschluss zur Abkehr vom Turbo-Abi doch konservativ. Wir wollen Werte bewahren.“