Essen. Der Brandenburger Tom Gerber ist ein Theater-Tausendsassa. Zuletzt war er jahrelang in der Regie tätig, doch es zog ihn auf die Bühne zurück. Zum Welttheatertag am 26. März ist der Mime in Essen in Tim Etchells “Quizoola“ zu erleben. Ein Porträt.
Er spielt, singt, inszeniert, entwirft Bühnenbilder, malt, schreibt. Diese Liste ließe sich problemlos erweitern. Tom Gerber setzt seiner Kreativität keine Grenzen. Vom Abenteuer zu träumen, reicht dem Schauspieler nicht: „Ich bin so dreist und mache es“, sagt er. Sein jüngstes ist das Engagement in Essen.
Schauspielberuf war kein Kindheitstraum
Schauspieler wollte Tom Gerber als Kind „auf keinen Fall werden“. Aufgewachsen zu DDR-Zeiten in Brandenburg und Halle in einer ganz normalen Kleinfamilie war Pilot seine erste Berufswahl. Später Maler und Grafiker, dann Architekt. Den Umständen gehorchend machte er schließlich eine Lehre als Baumaschinist in Senftenberg und entdeckte als Testzuschauer das Theater. Langsam tastete er sich heran, wurde Requisiteur, lernte das Theater von innen kennen und lieben. „Den Mauerfall habe ich gar nicht so wahrgenommen. An die Schauspielschule zu kommen, war 1989 viel wichtiger“, erklärt er.
Es drängte ihn nicht gleich in den Westen. Im vierten Studienjahr blieb er nach einem Gastspiel in Nürnberg einfach da, weil es „mir so gut gefallen hat“. In den Anfängerjahren in Göttingen bekam er gut zu spielen, und schnell kristallisierte sich sein Interesse für die Regie heraus. „War klar, dass ich das irgendwann probieren will“, so Gerber. „Ich habe den Blick über den Tellerrand zu schätzen gelernt. Nicht nur, weil ich die Arbeitsprozesse spannend finde. Ich möchte, dass der Schauspieler im Mittelpunkt steht.“
Schauspielerei ist und bleibt das Wichtigste
Und er mag nicht im eigenen Saft schmoren. „Die Zeit (zehn Jahre) am Badischen Staatstheater wären nicht so lang gewesen, wenn es nicht immer wieder Ausflüge gegeben hätte“, so der 43-Jährige. Er spielte in Karlsruhe „Die Räuber“, „Richard II“ oder „Eines langen Tages Reise in die Nacht“, war in Amsterdam und Glasgow in der Oper „Die Entführung aus dem Serail“ zu sehen und inszenierte für das eigene Haus „Fräulein Julie“ oder „Shakespeare Rome! Democracy“. Wenn es der Stoff hergab, entwarf er auch die Bühnenbilder dazu. Dennoch misst er der Arbeit als Schauspieler das größte Gewicht bei. „Vor drei Jahren habe ich fast nur inszeniert. Da wurde ich immer unausstehlicher, weil ich nach dem Spielen so eine Sehnsucht hatte“, erzählt Tom Gerber.
Wichtiger als die Arbeiten sind ihm die Menschen, mit denen er arbeitet oder Freundschaften pflegt. Regisseur Donald Berkenhoff, Bühnenbildner Peter Schubert und Schauspielerkollege Vilmar Bieri gehören dazu und mittlerweile auch Christian Tombeil, Vera Ring und Andreas Jander. „Das Leitungsteam des Schauspiel Essen ist das Innovativste, das ich kennen gelernt habe“, schwärmt der Vielseitige, den das Essener Theater schon während Jürgen Bosses Intendanz reizte.
Vielbeschäftigt und unermüdlich aktiv
Jetzt ist er angekommen. Mit Stücken wie „Grönholm-Methode“, „25 Sad Songs“ oder dem unkonventionellen Solo-Abend „Pounding Nails in the Floor with my Forehead“, den er mit der von ihm mitbegründeten Produktionsfirma „Arts in Dialog“ auf die Bühne gebracht hat. Das nächste Projekt steht mit dem hintergründigen Fragespiel „Quizoola“ zum Welttheatertag am 26. März an, die nächste Premiere mit Juli Zehs „Corpus delicti“ am 2. April.
Der Mann müsste eigentlich ausgelastet sein. Schließlich ist er auch Vater eines vierjährigen Sohnes. Trotzdem liegen bei ihm ein paar Strippen offen herum, die er zu gerne aufnehmen möchte: Mal abgesehen von Trompete spielen, „ich möchte noch den Pilotenschein machen“.