Essen. . Geben wir also die Spaßbremse. Denn ein großer Spaß ist die Revue „25 Sad Songs“: glitzernd, schillernd, schräg. Wenn Thomas Krupa und Ari Benjamin Meyers das Grillo ins Jahr 2525 beamen, dann stecken Robotermenschen ihre grauen Anzugärmel in baumelnde Tambourine, um zu „In the Year 2525“ letzte Zuckungen zu demonstrieren.
Geben wir also die Spaßbremse. Denn ein großer Spaß ist die Revue „25 Sad Songs“: glitzernd, schillernd, schräg. Wenn Thomas Krupa und Ari Benjamin Meyers das Grillo ins Jahr 2525 beamen, dann stecken Robotermenschen ihre grauen Anzugärmel in baumelnde Tambourine, um zu „In the Year 2525“ letzte Zuckungen zu demonstrieren. Dann tapert eine Greisen-Persiflage in Gummimaske daher, um vom kulturreichen Damals zu zeugen. Dann setzen sich roboterhafte Forscher Clownsnasen auf – um zu verstehen, was Theater war.
Im Foyer grüßen Clownsnasen und andere Requisiten des Abends bereits in Vitrinen: Im Jahr 2525 ist das Grillo eine Rekonstruktion; ebenso wie diese Revue. Audio-Skizzen zu einem Liederabend über Melancholie, laut Programmheft auf einem iPod gefunden, dienen als Grundlage.
Missgriff Loveparade
Aber was ist das – Melancholie? Die Forscher wollen begreifen. Und so formt sich aus Fragmenten Neues, werden – unter der Musikalischen Leitung von Stephan Kanyar – vor allem die großen Gefühlstransporteure unserer Gegenwartskultur gegen den Strich gebürstet: Simon & Garfunkels „Boxer“, Leonard Cohens „Hallelujah“ oder Sinéad O’Connors „Nothing Compares 2 U“. So bizarr die Neuvertonung sein mag, solange sie auf den Resonanzraum des Herzens und Gefühligkeit trifft, funktioniert die Idee: Das verzweifelte Bemühen der Roboter um einen Funken Emotion rührt.
Oft aber geht das Konzept nicht auf. Das hat weniger zu tun mit den Posen mancher Solosänger – eine Ballerina im Tutu, die kopfüber von der Decke baumelt, ein Bär von einem Mann, der nach Altmännerart beim Häuten der Zwiebel Erinnerungen nachhängt. Sondern mit dem Anspruch der Inszenierung, Teil der neuen deutschen Protestkultur sein zu wollen: Gegen das Theatersterben! Da steht vor den Videobildern einer grauen Revier-Grusel-Landschaft ein Mann mit behaartem Bauch und Strasskette. Da müssen Garderobenfrauen, Kartenabreißerinnen mit auf die Bühne für ein Stück Betroffenheitsklamauk. Einmal hören alle via Kopfhörer „Seven Nation Army“ von den White Stripes, und während die Darsteller zucken, stampfen – ist hinter ihnen ein Foto von einer anderen tanzenden Masse zu sehen: am Unglückstunnel der Duisburger Loveparade.
Echte Tote als Randnotiz in einer Revue. Ein Missgriff.
Wozu das Theater? Dieser Liederreigen stellt in dahingetupften Impressionen aus, was das Geschehen auf der Bühne einmal konnte: Berühren. Verändern. Kommentieren. Kämpfen (für die Schwächeren). So erfahren am Ende nicht die Robotermenschen, sondern eher die Zuschauer – wie Melancholie sich anfühlt.