Rüttenscheid. . Zwei Premíeren in einer Woche feiert die Rü-Bühne: „Romulus der Große“ und „Mr. Pilks Irrenhaus“.
Die Rü-Bühne steckt im Premierenfieber: Gleich zwei Ensembles des freien Theaters stehen mit neuen Stücken in den Startlöchern. Auf „Romulus der Große“ am heutigen Freitag folgt nächste Woche „Mr. Pilks Irrenhaus“: Auf der einen Seite politische Satire in historischem Gewand, auf der anderen Seite absurdes Theater mit britischem Humor.
1949, beeinflusst von den Wirrungen des Zweiten Weltkriegs, schuf der Schweizer Dramatiker Friedrich Dürrenmatt eine Komödie über einen amtsmüden Diktator: Romulus verachtet die blutige Herrschaft des römischen Reichs und hofft auf die Eroberung der Germanen, damit er sich aufs Altenteil zurückziehen und Hühner züchten kann. Doch der germanische Eroberer Odoaker wiederum sehnt sich nach den vermeintliche Segnungen der römischen Zivilisation und wird nur durch sein Volk zu dem blutrünstigen Feldzug angetrieben.
Regisseur Matthias Kraus, der das Stück mit dem Ensemblekurs der Rü-Bühne realisiert, sieht in Romulus‘ Verhalten Parallelen zu vielen Geschehnissen auf der deutschen Politbühne der jüngeren Vergangenheit. „Schließlich lässt sich Romulus seinen Abtritt schlussendlich teuer bezahlen“, verrät er. „Genauso wie sich Gerd Schröder, Roland Koch oder Joschka Fischer ihren politischen Rückzug durch hoch dotierte Beraterposten versüßen ließen.“ Auch wenn Kraus gerade deshalb das Stück für hoch aktuell hält, transportiert er die Handlung nicht in die Jetzt-Zeit: „Mich langweilen Stücke, die eigentlich in einer ganz anderen Zeit spielen, in denen die Leute aber in Anzügen oder Jeans herumlaufen.“ Daher entführen die Kostüme von Julia Weinstock und das Bühnenbild von Piotr Sonnewend werkgetreu ins antike Rom, wenn auch die Muster der Kleider, die Requisiten und einige eingebaute Zitate moderne Bezüge besitzen.
Ein Jahr lang probte Kraus mit dem zehnköpfigen Ensemblekurs, dessen Mitglieder sich auf diese Weise zu Amateurschauspielern ausbilden lassen. „Darunter sind Schüler, Geschäftsleute und Rentner“, verrät Kraus. „Vielen ist wichtig, auf diese Weise etwas zu lernen, was ihnen bei öffentlichen Auftritten helfen kann.“ Und selbstverständlich spiele auch der Spaß am Theater eine Rolle.
Spaß steht auch im Vordergrund beim Rü-Bühnen-Ensemble, das nächste Woche Freitag mit „Mr. Pilks Irrenhaus“ Premiere feiert. Der britische Autor und Schauspieler Ken Campbell schuf 1973 mit diesem Frühwerk ein im besten Sinne absurdes Stück. Der Titelheld, der in der Inszenierung von Detlef Fuchs gar nicht zu sehen ist, ist ein Wahnsinniger, ein Säufer, ein irischer Patriot kanadischer Herkunft und vor allem: auch Ken Campbell selbst. „Der Autor deutet immer wieder an, dass er persönlich hinter der Figur steckt“, erläutert Fuchs. Diesen Impuls greift der Regisseur auf, um die lose Folge von szenischen Miniaturen und Dramoletten zum durchgängigen Stück zu verknüpfen: Die Figuren aus Mr. Pilks Geschichten werden in dessen Schreibstube lebendig. „Aber da ihr Schöpfer nicht anwesend ist, wissen sie nicht, was sie tun sollen“, so Fuchs. Schließlich existierten sie nur, wenn Pilk schreibt. „Das Stück stellt die Frage, was wahr oder unwahr ist, was verrückt oder normal.“ Der Unterschied verschwimme zunehmend. Für die vier Darsteller eine echte Herausforderung, denn schließlich besitzen die Figuren keine Biografie, auf die sie sich stützen können. Nicht umsonst werden Szenen aus „Mr. Pilks Irrenhaus“ gerne an Schauspielschulen zu Ausbildungszwecken verwendet.