Essen. . Zwar ist die Zahl der Arbeitssuchenden im Hartz IV-Bezug in Essen gesunken. Dafür aber wird die Vermittlungsmöglichkeit vor allem bei über 50-Jährigen durch Mittelkürzungen immer weiter eingeschränkt.
Der Jahresbericht des Essener Jobcenters zeigt zweierlei: Insgesamt ist es gelungen, die Zahl der Arbeitssuchenden im Hartz IV-Bezug zu senken, doch gerade bei Über-50-Jährigen Arbeitssuchenden brach die Vermittlung drastisch ein.
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Derzeit übt sich Jobcenter-Chef Thorsten Withake in Ursachenforschung. „Im Jahr 2009 hatten wir mit dem Projekt Comet für ältere Langzeitarbeitslose große Erfolge.“ 2010 griff das Modell nicht. Doch selbst wenn die Ursachen für den Einbruch gefunden werden – die Mittel, die den Jobcenter-Mitarbeitern für Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen zur Verfügung stehen, sind vom Bund dramatisch gekürzt worden.
60,5 Millionen Euro stehen zur Verfügung
„80 Millionen Euro standen uns 2010 zur Verfügung, jetzt sind es nur noch 60,5 Millionen Euro“, sagt Sozialdezernent Peter Renzel. Betroffen hiervon sind alle so genannten Arbeitsmarktinstrumente - darunter Comet -, besonders hart trifft es den Bereich Gemeinwohlarbeit, bekannter als Ein-Euro-Jobs. „Da mussten wir den Etat von 34 auf 21 Millionen Euro zusammenstreichen“, so Renzel.
Ein Schritt in die falsche Richtung, sagt Michael Stelzner, Geschäftsführer bei der Neuen Arbeit der Diakonie. „Es macht keinen Sinn, Menschen in die x-te Qualifizierungsmaßnahme zu schicken.“ Gerade in Bereichen, in denen es darum gehe, eine Tagesstruktur zu trainieren, seien langfristige Maßnahmen wichtig. „Wer erst mal ein paar Jahre ohne Arbeit war, dem nützt auch ein konjunktureller Aufschwung nichts. Er wird keinen Anschluss mehr an den Arbeitsmarkt finden.“
Infrastruktur-Maßnahmen werden eigeschränkt
Was die Kürzungen für die Bürger bedeuten? „Fahrradscouts wird es zum Beispiel in diesem Jahr nicht mehr geben“, sagt Stelzner. 1000 der insgesamt 4600 Gemeinwohl-Arbeitsplätze waren bei der Diakonie noch im vergangenen Jahr angesiedelt. In diesem Jahr werden es nicht mehr als 640 sein. Ähnlich sieht es bei der Essener Arbeit (EABG) aus: Dort ist etwa im Projekt „Wege zum Wasser“ mit Einschnitten zu rechnen. „Bislang gab es 150 Stellen, in diesem Jahr werden es nur noch 105 sein“, sagt EABG-Chef Ulrich Lorch. „Keine Frage“, stimmt der Sozialdezernent zu, „in der Infrastruktur geht damit eine Menge an guten Einrichtungen verloren.“ Spürbar weniger Leistungen für den Bürger: etwa im Stadtteilservice oder dem Parkwächter-Programm.
Spürbar weniger Angebote: und zwar im Bereich der niederschwelligsten Qualifizierungsform für Menschen, die gänzlich den Anschluss an den Arbeitsmarkt zu verlieren drohen.
Dem gegenüber steht eine positive Liste erreichter, teils gar übererfüllter Soll-Vorgaben des Jobcenters. So wurde die Summe der Passiv-Leistungen - darunter fallen etwa Kosten für die Unterkunft - auf 200 Millionen Euro gesenkt, „das sind 9 Millionen Euro mehr als wir anvisiert hatten“, sagt Wilken-Klein.
Guter Vermittlungszahlen
Ebenso schrieb das Jobcenter gute Vermittlungszahlen. Mehr als 14 500 Menschen fanden eine neue Anstellung, 1500 mehr als im Jahr 2009. Somit liegt die Zahl der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Arbeitslosengeld II-Bezug nun bei 27 000 Menschen, 570 weniger als im Vorjahr. Gleichwohl der Trend des konjunkturellen Aufschwungs schleppend beim Jobcenter-Klientel ankomme. „In Deutschland orientiert man sich nicht an den Kompetenzen, sondern an den Abschlüssen“, sagt Wilken-Klein. Allerdings hoffe man angesichts steigenden Fachkräftemangels auf eine Verschiebung. „In unseren Profilings zeigt sich ganz gut, welche Qualifikationen ein Bewerber mitbringt – wenn auch ohne Zeugnisse.“
Fernab dieser Hoffnung jedoch fordert Renzel, mehr in Bildung zu investieren. Gerade bei Jugendlichen erschwerten fehlende Schulabschlüsse die Vermittlung. Dennoch ist auch hier ein positiver Trend erkennbar, im Vergleich zum Dezember 2009 gelang es im vergangenen Jahr, die Erwerbslosenzahl der Unter-25-Jährigen um 113 Personen zu senken.