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Über die Kritik an Beschäftigungs-Maßnahmen ärgert sich der Hartz IV-Empfänger Peter Audehm. Er freut sich über Aufgabe und Hinzuverdienst. „Warum tust du dir das für so wenig Geld an?“ - eine Frage, die Audehm häufig hört.

Von manchen Berufen erzählt man nicht gern. Egal, ob im Gartenbau oder in der Hauswirtschaft – gibt’s unter dem Strich den oft belächelten „Euro pro Stunde“, lauten Kommentare nicht selten so: „Warum tust Du Dir das für so wenig Geld an?“ Peter Audehm kennt diese Fragen und - das ist das Paradoxe - er sieht sich regelmäßig genötigt, sich zu verteidigen, weil er eben lieber für wenig Geld arbeitet, als die Hände in den Schoß zu legen.

In Arbeitskluft steht Audehm vor einem Holzhäuschen im Garten des Männerwohnheims der Gesellschaft für soziale Dienstleistungen (GSE). Er schließt Rechen und Besen weg, Schichtende. 165 Euro verdient er mit der Flächenpflege in jedem Monat hinzu, „von Hartz IV allein könnte ich nicht leben“, sagt er schlicht. Und dann gehe es ja nicht nur ums Geld, sondern um eine Aufgabe im Leben. „Wenn ich die Wege alle geharkt habe, dann wird meine Leistung sichtbar.“

Vielversprechend begann Audehms Werdegang – der soziale Abstieg kam überraschend, setzte sich schleichend fort. Die Firma, in der Audehm als leitender technischer Angestellter über 20 Jahre tätig war, sie schloss, es folgten Jobs in Zeitarbeit, „das war oft schlecht bezahlt und der Lohn wurde manchmal viel zu spät überwiesen.“ Doch der Essener arrangierte sich, bewarb sich, hoffte auf erneute Festanstellung.

„Der soziale Absturz war enorm“

Bis ein weiterer Einschnitt folgte: „Plötzlich konnte ich einen Fuß nicht mehr bewegen.“ Drei Jahre behandelte man Audehm aufgrund einer Wirbelsäulenverkrümmung, „das ging so weit, dass man mir fast beide Füße amputiert hätte.“ Als man ihn schließlich entließ mit einer ausweislichen Schwerbehinderung von 30 Prozent, hatte er den Anschluss an den technischen Fortschritt in seinem Beruf verloren. So landete er trotz zahlreicher Bewerbungen schließlich im Hartz IV-Bezug.

„Der soziale Absturz war enorm“, sagt der Essener. Seine Situation heute ist die: Über 50, eingeschränkt erwerbsfähig, das technische Wissen im Beruf überholt. Vor dieser bitteren Wahrheit verschloss Audehm die Augen nicht. „Es ist schwierig einen Job zu finden. Doch gerade darum setzte ich auf die Maßnahmen des Job-Centers“, mit denen er einen Fuß in die Tür zu bringen hofft, die ihn retten über die Jahre. „Ich könnte zwar jetzt schon in Rente gehen, aber dann wären die Abzüge so hoch, dass ich auch davon nicht leben könnte.“

Zwischenzeitlich allerdings steckt Audehm in der bereits dritten Maßnahme: Neun Monate Förder-Höchstdauer absolvierte er im Projekt „Wege zum Wasser“, ein weiterer neunmonatiger Ein-Euro-Job in einer Werkstatt folgte. Nun betreut ihn die Gesellschaft Komet, eine Arbeitsgemeinschaft von Job-Center, Abeg und Neue Arbeit. Neun Monate Förder-Dauer auch in diesem Projekt, das Job-Perspektiven auf dem zweiten Arbeitsmarkt aufzeigen und Teilnehmer qualifizieren soll. In „besonders schwierigen Fällen“, sagt Petra Obermeier, die Leiterin des GSE-Männerwohnheims, das Stellen für das Projekt schuf, könne die Maßnahme um neun Monate verlängert werden.

Die Krux: Audehm ist zwar gehandicapt, doch arbeitswillig, fleißig, pünktlich und damit kein „besonders schwieriger Fall.“ Wie es nach Ablauf der neun Monate im Komet-Projekt weitergeht, Audehm weiß es nicht. Noch hofft der 54-Jährige auf Festanstellung im Gartenbau, in einem Rahmen, den er mit seinen körperlichen Einschränkungen bewältigen kann, der ihm den Hinzuverdienst ermöglicht.

„Ich bin ein geselliger Mensch, ich gehe gern unter Leute.“ Doch zum Ausgehen, für die Mitgliedschaft in Vereinen fehlt das Geld. Audehms Ausweg: Er übernahm zwei Ehrenämter. Für die Bewohner eines Seniorenheims macht er kleinere Besorgungen, engagiert sich in der Freizeit in einem Gartenbauverein. Die Aufgaben übernehme er gerne. Drei Jahre krankheitsbedingtes Nichtstun, sagt Audehm, sie reichen. „Das muss ich nie mehr haben.“