Essen. .
Seit dem Dioxinskandal fragen in Essen mehr Kunden nach Eiern aus artgerechter Haltung. Einzelne Bio-Läden konnten in der vergangenen Woche zehn Prozent mehr Kunden begrüßen. Die starke Nachfrage führt bei einigen Händlern zu Versorgungsengpässen.
Der Dioxin-Skandal hat für einen Boom bei Bio-Eiern gesorgt und geht bereits mit Versorgungsengpässen einher. Da muss der Bio-Supermarkt Denn’s an der Rüttenscheider Straße manche Kunden vertrösten, da spricht die Rewe-Gruppe von „einer Nachfrage, die zu einer eingeschränkten Lieferfähigkeit führen wird“. Da kann der Bio-Lieferservice „Flotte Karotte“ in einer Woche beinahe zehn Prozent mehr an Neukunden begrüßen, da stoßen viele kleine Bioläden an ihre Grenzen.
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„Die Hühner legen eben nicht plötzlich mehr Eier“, sagt Elke Remiorsch, die Inhaberin des Bioladens „Apfelbaum“ in Steele. Zwar habe der Verbraucher mit Verzögerung auf die beunruhigenden Nachrichten über Giftstoffe in Hühnereiern reagiert, aber in der zweiten Woche habe sie einen Run aufs Bio-Ei erlebt. „Da hatten wir Nachschub-Probleme - dabei will man die Neukunden ja nicht gleich verprellen.“ Inzwischen habe sie sich auf die erhöhte Nachfrage eingestellt und ordere beim Großhandel erheblich mehr - doch auch der könne längst nicht alle Wünsche erfüllen.
Das bestätigt Claudia Prehn, die seit sieben Jahren den Bioladen Frohnhausen führt. „Ich werde durch den Großhandel rationiert - ‘was anderes bleibt dem angesichts der exorbitanten Nachfrage wohl kaum übrig.“ Sie habe selbst erlebt, dass ihr Wochenvorrat an Eiern nur bis Mittwoch vorgehalten habe: Während sonst eine Minderheit zum Bio-Ei greife, seien es derzeit gefühlte 90 Prozent der Verbraucher.
„Der Verbraucher hat kein Langzeitgedächtnis“
Essen Sie noch Eier?
Gerade die „Überzeugungstäter“ von den kleinen Bio-Läden freuen sich dabei nicht allein über die Mehreinnahmen, sondern darüber, dass viele Verbraucher den Skandal als „Initialzündung“ erleben, wie Prehn es formuliert. Mancher denke nun erstmals über Herkunft und Qualität von Lebensmitteln oder über artgerechte Tierhaltung nach. „Und die Leute erleben, dass sie durch ihre Kaufentscheidung Macht ausüben können, dass sie mitbestimmen können, wie mit der Umwelt umgegangen wird.“
Freilich mache sie sich über die Dauer des Umdenkens keine Illusionen. Jetzt werde der Preis von 35 Cent fürs Bio-Ei gern gezahlt, doch es werde wohl nicht allzu lange dauern, bis mancher wieder ein Ei aus konventioneller Haltung kaufe - zum halben Preis. „Von 100 Neukunden bleiben höchstens zehn auf Dauer übrig“, schätzt Prehn. Weshalb sie ihre Stammkunden auch jetzt ein klein wenig bevorzugt und ihnen gern Eier zurücklegt. Auch Elke Remiorsch, die seit über zwei Jahrzehnten im Bio-Geschäft ist, weiß, dass Skandale nur sehr kurzfristig wirken: „Der Verbraucher hat kein Langzeitgedächtnis.“