Essen.
Die Nord-Süd-Autobahn bleibt ein Streitthema. Seit mehr als 30 Jahren herrscht keine Einigkeit. Wann mit einer Realisierung des Verkehrsgroßprojektes A52-Weiterbau und Ruhralleetunnel zu rechnen ist, kann auch Straßen NRW nicht sagen: Es könnte in sechs Jahren soweit sein, vielleicht aber auch nie.
Über 30 Jahre wird nun diskutiert, und noch immer ist sich die Stadtgesellschaft in der Frage der Nord-Süd-Autobahn nicht einig, wird es wohl auch niemals sein. Entsprechend melancholisch war hier und da die Stimmung als Jörg Reißing vom Landesbetrieb Straßenbau NRW jüngst dem Essener Arbeitskreis für Architektur und Stadtkultur den aktuellen Planungsstand für den A 52-Weiterbau und für den Ruhrallee-Tunnel erläuterte. Auf die Frage, wann denn mit einer Realisierung dieser Verkehrsgroßprojekte zu rechnen sei, konnte Reißing nur auf die Unwägbarkeiten der Planung verweisen: Es könnte in sechs Jahren soweit sein, vielleicht aber auch nie.
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Nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte tendieren viele Essener eher zu letzterer Annahme. Neben der politischen Durchsetzbarkeit, die vor allem bei der A 52 trotz einiger Tunnel immer noch fraglich ist, stellt sich natürlich auch die Frage der Finanzierbarkeit.
Beide Projekte befinden sich zwar beim Bund in der Kategorie „vordringlicher Bedarf“, allerdings steht dort so manches Wichtige, dessen Realisierung in weiter Ferne liegt. Projektleiter Reißing ließ durch die Blume anklingen, dass die Begeisterung vor Ort größer sein könnte: „Wie sich die Stadt zu diesen Bauvorhaben stellt, spielt für den Bund als Geldgeber eine wichtige Rolle.“ Im Klartext: Wenn es vor Ort zu viel Ärger und Endlos-Debatten gibt, dann wandert das knappe Geld für Investitionen womöglich dahin, wo es willkommen ist.
Straßennetz unter Druck
Dennoch treibt Straßen NRW beide Projekte voran, und zwar im Stil der Salamitaktik, zu der die Autobahnämter mit der ihnen eigenen Zähigkeit gerade im Ruhrgebiet übergegangen sind: Man baut Stück für Stück immer da, wo es Baurecht gibt, und erhöht so den Druck, auf die noch nicht gebauten Teile der Gesamttrasse. Durch die Autobahn A 44, die jetzt noch lückenhaft, in wenigen Jahren aber durchgängig von Düsseldorf bzw. Wuppertal bis an die Kreuzung Frankenstraße/Maria-Juchacz-Straße in Rellinghausen führt, ist schon jetzt mächtig Druck entstanden. Faktisch ist es so: Eine vierspurige Schnellstraße endet an einer städtischen Ampelkreuzung, wodurch zehntausende Autos täglich in das Stadtstraßennetz eingestöpselt werden, ohne dass dieses darauf ausgelegt wäre. Ein Zustand, der zwangsläufig Staus und eine Überlastung der nach der Kreuzung folgenden Ruhrallee zur Folge hat.
Ein Tunnel unter der Ruhrallee würde helfen, darüber sind sich alle einig. Derzeit befahren rund 64 000 Fahrzeugen oberirdisch die Straße, wobei es sich in drei von vier Fällen um Durchgangsverkehr handelt, der zur A 52/A 40 oder in Richtung Innenstadt strebt. Laut Gutachten ist in den nächsten Jahren noch mit einer weiteren Steigerung von acht Prozent zu rechnen - eher ein Mittel- als ein Maximalwert, so Reißing
Von der Stadtpolitik wird demnächst eine Entscheidung erwartet, welche der beiden Tunnel-Varianten sie will: die komplizierte und teurere, die sich am Verlauf der Ruhrallee orientiert und womöglich noch eine Abfahrt zur Westfalenstraße erhält, oder eine einfacher zu bauende Röhre quer durch Bergerhausen. Straßen NRW hält diese für erheblich realistischer. Die Stadt wäre wohl klug beraten, sich am Pragmatismus der Autobahnplaner zu orientieren, bevor sie am Ende leer ausgeht.