Essen. Die Diskussion um die geplante Untertunnelung der Ruhrallee geht weiter. Nun werden Fakten geschaffen, die die Autobahnschlinge um die Stadt enger ziehen. Bitter für Kritiker: Straßen.NRW bevorzugt eine Planungsvariante, die auf eine Transitstrecke für den überregionalen Verkehr hindeutet.
Stück für Stück gehen die Planungen zu einer neuen Nord-Süd-Autobahn quer durch das Essener Stadtgebiet weiter. Lange Zeit stand lediglich der umstrittene Ausbau der A52 durch die nördlichen Stadtteile im Fokus der Öffentlichkeit. Doch jetzt werden immer mehr Details bekannt, wie Land und Bund sich die Durchstreckung dieser Nord-Süd-Trasse vorstellen.
Nun werden Fakten geschaffen
Mit der Aufwertung der B227 zur A44 mit Beginn des nächsten Jahres und der Vorstellung der Planungen zu einem möglichen Bau des Ruhralleetunnels als Weiterführung der Autobahn Richtung Dreieck Essen-Ost werden nun Fakten geschaffen, die die Autobahnschlinge um die Stadt enger ziehen. Nur: Eine wirkliche Überraschung ist diese Entwicklung nicht. Dass diese Vorhaben existieren, ist seit vielen Jahren bekannt. Und mit dem Bau der vierspurigen B227 durch Kupferdreh muss nicht nur den Anwohnern der Trasse aufgefallen sein: Diese Straße sieht aus wie eine Autobahn.
Blaue Autobahnschilder kommen im Sommer
Und das wird sie zum 1. Januar 2010 auch werden. Die entsprechenden blauen Autobahnschilder sollen aber wohl erst im kommenden Sommer angebracht werden. Ein letzter Versuch der Stadtverwaltung, diese Aufwertung rechtlich vielleicht noch mit Hilfe einer Verwaltungsklage stoppen zu können, ist nach Informationen dieser Zeitung gescheitert. Das Ergebnis einer internen Rechtsprüfung habe diesem Vorhaben kaum Chancen eingeräumt, bestätigt Planungsdezernent Hans-Jürgen Best.
Und für die Autobahn-Kritiker kommt es jetzt noch dicker: Der Landesbetrieb Straßen NRW bevorzugt für den Ruhralleetunnel eine Planungsvariante, die klar auf eine Transitstrecke für den überregionalen Verkehr hindeutet.
Direkte Trassenführung von Kupferdreh zur A52
Priorisiert wird von den Planern demnach eine Streckenführung, die die Fahrzeuge ohne Anbindung der Stadtteil-Verkehre direkt von Kupferdreh aus zum Anschluss A52 bringt. Die A44 soll dabei von Süden kommend zwischen Ostpreußen- und Sartoriusstraße in den Tunnel geleitet, danach westlich der Ruhrallee verlaufen und erst kurz vor der A52 wieder an die Oberfläche geführt werden.
Keine Entlastung für die Ruhrhalbinsel
Teure Planung
Projekt lässt sich kaum realisieren
Eine alte Kostenschätzung aus 2003 bezifferte die Baukosten des Ruhralleetunnels mit 208 Millionen Euro, eine neue Summe „muss noch ermittelt werden, wird aber voraussichtlich höher liegen”, erklärt Jörg Reißing vom Landesbetrieb Straßen NRW auf Anfrage. In den Büros der Verkehrspolitik in Düsseldorf und Berlin wird dieses Projekt aufgrund der hohen Kosten nicht selten als „kaum realisierbar” beschrieben. Dennoch ist es im Bundesverkehrswegeplan mit dem Vermerk „vordringlicher Bedarf” eingestuft.
Diese Variante sei die kostengünstigste, da der Tunnel tiefer durch die Erde getrieben und so den vermuteten Bergbaustollen unter der Ruhrallee aus dem Weg gehen könne. Doch sie ist, so die Kritiker, auch die ungünstigste für den örtlichen Verkehr im Essener Süden. Keine Zu- und Abfahrten etwa an den Zubringern Westfalenstraße, Frankenstraße oder Marie-Juchacz-Straße bedeute: Diese innerstädtischen Verkehre müssten weiter überirdisch über die Ruhrallee fahren. Entlastung für die Ruhrhalbinsel also gleich Null, so die Kritik.
Die Stadt wurde bislang nicht zu den Plänen befragt
Der größte Unmut aber herrscht, weil die Stadt - zumindest offiziell - bislang nicht einmal zu den Plänen befragt, geschweige denn in die Entwicklung mit einbezogen wurde. Die Essener Politik und Verwaltung ist bis vor kurzem davon ausgegangen, dass die B227 in A535 umbenannt wird. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, denn zweistellige Autobahnen gelten im Autobahnnetz nicht als Zubringer.
Tunnel-Pläne sollten bereits im Herbst vorliegen
Außerdem sollten die Pläne zum Ruhralleetunnel bereits diesen Herbst vorgestellt werden. Jetzt ist diese Vorstellung in den politischen Gremien der Stadt erst einmal auf 2010 verschoben. Best: „Ein internes Gespräch mit dem Landesbetrieb steht an, in die politischen Gremien kann die Vorlage erst weitergegeben werden, wenn diese Gremien auch funktionsfähig sind”.
Kritiker bezeichnen Informationspolitik als "Salami-Taktik"
Kritiker bezeichnen die Informationspolitik der Planer, und damit letztendlich des Bundes als möglicher Bauträger, unterdessen als „Salami-Taktik”. Doch bei einem Blick auf die Autobahnkarte des Landes kann eine Entwicklung nicht verborgen bleiben: Die Autobahnen sind direkt an den Essener Stadtgrenzen angekommen. Die neue A44 könnte in naher Zukunft bis zur A3 und A46 durchgestreckt werden. Der nötige Lückenschluss zwischen Velbert und Ratingen könnte, so die Signale aus Düsseldorf, nicht mehr lange auf sich warten lassen. Und dann gebe es nur noch eine offene Lücke: Die auf dem Essener Stadtgebiet.