Essen-Werden. Kanutinnen mit Steinen beworfen: Nach der Messerstecherei im Löwental ziehen Anwohner und Vereinsmitglieder jetzt Konsequenzen.
Friedlich liegt die Wiese da. An einem normalen Wochentag grillt hier kaum jemand. Doch Paul Kerle schwant Böses: „Bald ist wieder Feiertag. Warte mal ab.“ Kerle ist Geschäftsführer im Kanufreunde & Fischereiverein Essen-Werden. Der Verein war schockierter „Zaungast“ der Unruhen am Maifeiertag, als viel zu viele Menschen im Löwental grillen wollten. Die von der Stadt eingerichtete Grillzone platzte schnell aus allen Nähten. In Folge wurde buchstäblich jedes freie Fleckchen genutzt. Überall wurde die Notdurft verrichtet. Niemand gebot dem Einhalt. Es kam sogar zu einer Messerstecherei.
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Das Aufsehen war groß, das Fernsehen berichtete. Nun wird die Stadt scharf kontrollieren im Löwental, an erwartbar stark frequentierten Sonn- und Feiertagen den zum Wasser führenden Stich noch vor der Kita sperren für alle, die nicht Anlieger sind. Falls nötig, und dies war an Christi Himmelfahrt schon mittags der Fall, wird die Straßensperre vorgezogen bis auf Höhe des Cafés Dolcinella.
Fischereiverein zieht Konsequenzen aus dem Grill-Chaos
Der Kanufreunde & Fischereiverein zieht ebenfalls Konsequenzen, und Kerle versucht gar nicht erst, seine Betroffenheit zu kaschieren: „Wir führen Angeltreffs mit der Lebenshilfe durch. Bisher haben wir dazu unseren Bootssteg neben dem Pegelhäuschen genutzt. Die Rollstuhlfahrer konnten mit dem Behindertentransporter bis ans Wasser gefahren werden. Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse werden wir das nächste Angeln an einen sicheren Ort verlegen.“
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Der Vereinsvorsitzende Jürgen Welbers berichtet: „Unser Gelände befindet sich direkt am alten Strandbad. Wir hatten also beste Sicht auf die Ereignisse. Die haben sich gegenseitig verdroschen. Da ging es zu wie bei Asterix und Obelix mit den Römern.“ Doch damit nicht genug: „Wir sind bedroht worden, sollten unser Tor öffnen, damit man auf unserem privaten Vereinsgelände parken könne. Volle Kinderwindeln flogen über die Hecke.“
Zwei Kanutinnen wollten nur ihre Boote zum Wasser tragen – der Weg zur Ruhr wurde zum Spießrutenlauf: „Sie wurden massiv bedroht.“ Was ihnen denn einfalle, so spärlich bekleidet, da würden religiöse Gefühle verletzt. Welbers hält fest: „Ein hautenger Neoprenanzug ist ganz normale Sportbekleidung. Auf dem Rückweg konnten sie nicht anlegen, weil sie mit Steinen beworfen wurden. Von Erwachsenen, wohlgemerkt.“
Welbers bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel: „Man kann auf einer Kiesbank weit rauslaufen in die Ruhr, dann kommt eine Abbruchkante und es geht plötzlich tief runter. Hier gab es in zehn Jahren fünf Unfälle mit Todesfolge. Da darf es nicht passieren, dass Rettungskräfte bei einem Notfall nicht anrücken können.“ Auch sei hier eine Notfall-Zapfstelle der Feuerwehr, weiter hinten lägen im Hafen Schiffe der Bezirksregierung. Dort gibt es auch einen Eingang zum Campingplatz.
Essen: Wilde Szenen in der Werdener Grillzone
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An dem, so Camp-Manager Thomas Kreißl, spielen sich wilde Szenen ab: „Die von der Stadt aufgestellten Dixiklos scheint niemand nutzen zu wollen. Alle wollen auf unsere sanitären Anlagen. Doch die sind privat. Das gibt ständig Ärger. Aber unsere Camper zahlen dafür, dass sie saubere WCs zur Verfügung haben.“ Am 1. Mai ging gar nichts mehr: „Anreisende Gäste haben fast drei Stunden gebraucht, um die 500 Meter vom S-Bahnhof bis zum Campingplatz zu schaffen. Wenn der Urlaub schon so anfängt…“ Immerhin habe es an Christi Himmelfahrt gut geklappt mit der Zufahrtsregelung.
Rolf, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, wohnt direkt gegenüber: „Anfänglich habe ich noch fremde Leute auf unser Klo gelassen, vor allem Frauen, weil die mir leidtaten. Dann habe ich sogar eine Außentoilette gebaut. Inzwischen lasse ich aber niemanden mehr auf mein Gelände. Dafür hat es zu viele negative Vorfälle gegeben. Was sind wir schon angepöbelt worden.“ Vergleichsweise sei das Pfingst Open Air an gleicher Stelle inzwischen eine ruhige Veranstaltung.
Messerstecherei war das „Züngein an der Waage“
Welbers schließt: „Wir waren auch mal jung und wild. Aber was seit fünf Jahren hier abgeht, spottet jeder Beschreibung. Unser Maß an Toleranz gerät deutlich ins Wanken. Wir haben die Nase voll. Die Messerstecherei war das Zünglein an der Waage. Endlich geht es in die richtige Richtung.“
Doch Anwohner Rolf hat da ein ungutes Bauchgefühl: „Jetzt wird kontrolliert. Aber bald kümmert sich wieder keiner mehr um uns hier im Löwental. Dabei ist das alles Landschaftsschutzgebiet. Hier dürfte überhaupt nicht gegrillt werden.“ Umso mehr fordert Welbers, die Stadt müsse jetzt radikal durchgreifen: „Wir werden jedenfalls dranbleiben und uns festbeißen. Damit Sicherheit, Ruhe und Sauberkeit wieder normaler Alltag werden.“
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