Essen. Seit 2022 unterstützen Kräfte des Ordnungsamts die Polizei. Doch „die personelle Situation ist außerordentlich grenzwertig“, räumt die Stadt ein.
Binnen eines Jahres haben sie 5200 Einsätze in Essen absolviert, nahmen der Polizei in 2923 Fällen die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ab, gingen bei 2018 von insgesamt 6057 Ruhestörungen stadtweit dazwischen - und inzwischen auf dem Zahnfleisch: Bei den „Besonderen Verbindungskräften“ (BVK) des Ordnungsamts, die in wechselnden Zweier-Teams auf den Straßen der Stadt unterwegs sind, ist „die personelle Situation außerordentlich grenzwertig“, heißt es bei der Stadt. Ordnungsdezernent Christian Kromberg schmiedet bereits Pläne zur Entlastung. Angesichts der Fülle an Aufgaben soll die Taskforce personell aufgestockt werden - von derzeit acht Kräften auf künftig 16.
Die acht Mitarbeiter entlasten seit Dezember 2022 den polizeilichen Wachdienst, indem sie Tag und Nacht Lagen abarbeiten, für die die Landesbehörde eigentlich nur in zweiter Linie zuständig ist. Das sind Zwischenfälle, die keine Straftaten, sondern allenfalls Ordnungswidrigkeiten darstellen. Diese Entlastung der Polizei Essen allein bei den Ruhestörungen um insgesamt etwa 33 Prozent habe dazu geführt, dass die Kräfte des Präsidiums für ihre originären Einsätze schneller zur Verfügung standen, sind sich die Behörden einig. Die BVK-Truppe deckt im Schichtmodell Dienstzeiten ab, zu denen das Ordnungsamt in der Regel nicht mehr im Job ist, insbesondere spät in der Nacht, aber auch an Wochenenden.
Die Konkurrenz um geeignetes Personal ist groß
Zuwachs soll aber nicht nur die jüngste Einheit des Ordnungsamtes, sondern auch der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) bekommen. 57 Einsatzkräfte sind aktuell im Streifen- und 18 im Ermittlungsdienst aktiv. Weitere 14 Beschäftigte befinden sich gegenwärtig in der Ausbildung und werden Anfang des nächsten Jahres zum Streifendienst dazustoßen. Noch zu schaffende 15 Ausbildungsplätze sollen ab 2025 zusätzlich mit geeigneten Bewerbern gefüllt werden.
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Dass es kein leichtes Unterfangen sein wird, diese über 100 Stellen auf Sicht besetzt zu halten, ist der Stadt bewusst. Denn die Konkurrenz schläft nicht: Durch den fortschreitenden Aufbau der KOD in den Kommunen werde der Bewerbermarkt zunehmend kleiner. Städte locken ungehemmt auch in Essen ausgebildete Einsatzkräfte an, indem sie besser bezahlen oder attraktivere Arbeitszeitmodelle bieten. Beispielsweise habe Düsseldorf „mit einer aggressiven Kampagne“, so heißt es in einem Papier für den Essener Ordnungsausschuss, das Personal auf rund 300 Beschäftigte verdoppelt, die Ermittlungs- und Vollzugsaufgaben übernehmen können, darunter auch ehemalige Polizeianwärter und Zeitsoldaten.
Arbeitslose fit machen für den Ordnungsdienst
Interessiert schielt das Essener Ordnungsamt derzeit nach Gelsenkirchen. Dort werden über eine Arbeitsförderungsgesellschaft Menschen ohne Job umgeschult, um sie fit zu machen für Einsätze im öffentlichen Raum. Ob die Rechnung aufgeht, wird man sehen. Denn bislang gilt in Essen die Devise, dass die Kräfte handverlesen sein sollten, weil die Anforderungen an Auftreten und rechtssicheres Handeln im täglichen Dienst hoch sind. Schließlich könne man nicht jeden auf die Straße schicken, heißt es, um über 3108 Streifengänge allein im vergangenen Jahr bewältigen zu lassen, plus 851 gemeinsam mit der Polizei, um dabei rund 318 Verwarngelder zu kassieren und 307 Ordnungswidrigkeiten anzuzeigen.
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Dazu kamen knapp 14.400 Fälle, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ermittlungsdienstes zusätzlich abwickelten – darunter allwöchentliche Kontrollen im Rahmen der BAO-Clan, Hygiene- oder Gaststätten-Überprüfungen oder auch Schulzuführungen genauso wie Halterermittlungen und Maßnahmen zur Gefahrenabwehr.
Um der Fülle der Aufgaben auch in Zukunft gerecht werden zu können, bleibt der Stadt Essen beim interkommunalen Kampf um die Kräfte nichts anderes übrig, als aufzurüsten: Mehr Attraktivität verspricht man sich von dem neuen Dienstgebäude an der Ellernstraße. Zusätzliche Einsatzfahrzeuge und Schutzausrüstungen wurden angeschafft, ein Einsatzleitwagen ist in Planung, eine Drohne bereits Realität, während Bodycams aktuell noch getestet werden. Und die Verantwortlichen denken weiter über einen Vierbeiner in den Reihen des KOD nach: „Gegenwärtig wird intensiv der mögliche Einsatzbereich eines besonders ausgebildeten Schutzhundes geprüft“, heißt es. Ob daraus irgendwann eine ganze Hundestaffel werden könnte, ist noch nicht sicher.
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