Essen-Heidhausen. Die Elternschule im Frielingsdorfweg in Essen-Heidhausen erweitert ihr Angebot. Warum Jugendliche zur Zielgruppe neuer Kurse zählen.

Als die Elternschule am Katholischen Krankenhaus St. Josef ihre Pforten schloss, starteten Henrike Galla und Johanna Knaup Ende 2020 am Frielingsdorfweg in Heidhausen mit einer eigenen Elternschule. Die heißt „Gemeinsam Wachsen“ und der Name ist Programm.

Es gibt Kurse rund um Geburt und Baby, musikalische Früherziehung, Rückenkurse, Rückbildungsgymnastik, Themenelternabende, Notfall- und Erste-Hilfe-Kurse, Kreativ- und naturpädagogische Angebote, und noch vieles mehr. Am Samstag, 27. April, lädt erstmals ein „Markt der schönen Dinge“ in den Räumen zum Stöbern ein.

Bezahlbares Wohnen zu finden, ist ein großes Thema im Essener Süden

Im Alltag der Elternschule bekommen die beiden Inhaberinnen eine Menge mit. Erzieherin, Natur- und Waldpädagogin Henrike Galla stellt fest: „Überall sind die Angebote ausgedünnt worden. Bedürfnisse junger Familien werden nicht berücksichtigt.“ Sie moniert: „Es fehlen Spielflächen für Kinder und Ausweichflächen für Jugendliche. Da gibt es so ein toll geeignetes Gelände am Volkswald und die Stadt kommt nicht in die Hufe.“ Gleichzeitig werde im Essener Süden immer mehr gebaut.

Überall sind die Angebote ausgedünnt worden. Bedürfnisse junger Familien werden nicht berücksichtigt.
Henrike Galla, Elternschule „Gemeinsam wachsen“

Allerdings werde das Leben hier immer teurer, gibt Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin Johanna Knaup zu bedenken: „Die steigende Sorge, hier noch bezahlbares Wohnen zu finden, ist ein großes Thema. Es wird nicht besser. Selbst Wohngenossenschaften liegen nicht mehr im bezahlbaren Bereich.“ Viele eigentlich an den Stadtteil gebundene junge Familien müssten notgedrungen wegziehen.

In einem Geschwisterkurs findet der spielerische Umgang mit dem neuen Leben, das in der Mutter wächst, statt. Das Bemalen des Bauches soll den künftigen Geschwisterkindern Ängste nehmen.
In einem Geschwisterkurs findet der spielerische Umgang mit dem neuen Leben, das in der Mutter wächst, statt. Das Bemalen des Bauches soll den künftigen Geschwisterkindern Ängste nehmen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Elternschule in Essen-Heidhausen gründete sich zur Pandemie-Zeit

Die Elternschule sei ein ganz schönes Wagnis gewesen, damals mitten in der Pandemie, gibt Knaup zu: „Aber es gibt uns immer noch. Wir bauen gerade unsere Angebote sogar noch aus, vor allem im Nachmittagsbereich.“

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So kämen Angebote wie „Stillberatung“ oder Notfallkurse für Kinder und Jugendliche hinzu: „Damit sie wissen, wie man einen korrekten Notruf absetzt, wie man Hilfe holt, wie man kleine Wunden versorgt.“ Das sorge für Handlungssicherheit. „Wir starten dieses Angebot für Sechs- bis Elfjährige und für Zwölf- bis 16-Jährige in Zusammenarbeit mit Nils Mittweg von der Freiwilligen Feuerwehr.“

Im Essener Süden werden verschiedene Formen von Kinderbetreuung kombiniert

Mütter, die die Elternschule besuchen, seien in der Regel in den Dreißigern, sagt Henrike Galla. Verschiedenste Familienmodelle würden gelebt, verschiedene Formen von Kinderbetreuung kombiniert. Es gehe dabei nicht rein quantitativ betrachtet um Zeit, sondern eher um die Qualität: „Wenn Mütter arbeiten gehen, muss das dem Kind nicht schaden. Im Gegenteil, wenn man nicht glücklich ist mit einer Rolle als Hausfrau und Mutter, ist das für die Kinder auch nicht gut.“

Bedenklich werde es aus ihrer Sicht überhaupt nur, wenn die Betreuung nicht passe: „Etwa, wenn die Tagesmutter unflexibel ist oder die Kita personelle Engpässe hat.“ Wobei wir beim heikelsten Thema überhaupt angekommen wären. Das Bildungssystem stehe hintenan mit geschlossenen Kitas und Sanierungsstau in den Schulen.

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Henrike Galla wird bange, wenn sie in der Stadtteilkonferenz hört, dass die Kita Rummelpott demnächst geschlossen werden soll: „Und was ist mit Christi Himmelfahrt? Was mit St. Kamillus?“ Die Familien bekämen schon Angst, doch am Ende gehe es fast immer auf mit dem Betreuungsplatz.

Essener Elternschule sieht die Stärken der Kinder und baut darauf auf

Johanna Knaup und sie seien doch selbst Mütter, ergänzt Henrike Galla: „Die Atmosphäre in unserem leistungsstarken Stadtteil sorgt aber auch dafür, dass Familien mit übertrieben hohen Erwartungen kommen, was ihre Kinder alles schon können müssten. Dabei verlieren sie den Blick auf ihre Kinder.“

Markt der schönen Dinge

Am Samstag, 27. April, gibt es bei „Gemeinsam Wachsen“ von 11 bis 15 Uhr einen „Markt der schönen Dinge“. Im Frielingsdorfweg 7a können handgefertigte Stofftiere von „Junikind“, selbst genähte Baby- und Kinderbekleidung, Dekoartikel oder Tierporträts von „Ruhrpottpfote“ erworben werden.

Es gibt Bücher von Schmitzjunior, eine Spielecke für die Kleinen, Kaffee und Kuchen sowie Möglichkeit zum Austausch und Kennenlernen der Räume.

Weitere Infos zur Elternschule gibt es auf www.gallaundknaupgemeinsamwachsen.de.

Man müsse die Stärken der Kinder sehen und darauf aufbauen. Jedes Kind finde seine eigenen Lösungsansätze. Es gebe kein Raster, kein Schema F. Das müsse man akzeptieren und leicht unterstützen, ohne immer alles vorzugeben: „Doch es gibt durchaus Eltern, die sehr schlecht loslassen können.“ Johanna Knaup lächelt: „Man kann eben nicht alles richtig machen im Leben. Selbst beim fünften Kind kann plötzlich alles anders sein.“

Ihre Kollegin Henrike Galla nickt: „Uns bei Gemeinsam Wachsen eint eine gewisse Vorstellung von Familie, und dass Beziehungs- und Bindungsarbeit extrem wichtig ist für Eltern und Kinder.“ Und daran, dass man die Familien mit den Kursangeboten genau da abholen wolle, wo sie stünden. Johanna Knaup nickt: „Wir werden niemandem ein Konzept aufzwingen.“

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