Essen-Werden. Während der Corona-Zeit brachen dem WTB nicht nur die Einnahmen weg. Übungsleiter meldeten sich aus Altersgründen ab. Acht Kurse waren unbesetzt.
So einiges tut sich beim Werdener Turnerbund, kurz WTB, der vor 134 Jahren aus der Taufe gehoben wurde. Die neue Geschäftsstelle an der Hufergasse ist ein gutes Beispiel. Der Traditionsverein ist nun präsent in der Fußgängerzone, erhöht den Servicegedanken und geht noch mehr auf die Bevölkerung zu. Wie ist Werdens größter Verein bisher durch die Pandemie gekommen?
Der stellvertretende WTB-Vorsitzende Enrico Kleinser ist heilfroh, dass der Vorstand sich in allen sieben Sparten des Großvereins auf seine Leute verlassen konnte: „Unsere Abteilungsleiter haben tolle Arbeit geleistet. Und zwar komplett ehrenamtlich.“ Das musste man auch so manchem Vereinsmitglied klarmachen, dass vehement seine Rechte einforderte. Da wurde kritisiert, gedrängelt, bis hin zu Drohungen ging es.
„Corona ist den Leuten halt an die Nieren gegangen“
Nun kann Enrico Kleinser nach einem halben Jahr entspannt resümieren: „Solche schweren Geschütze waren zum Glück die Ausnahme. Corona ist den Leuten halt an die Nieren gegangen. Sie konnten ihren Sport nicht ausüben und waren sauer.“
Die Abteilungsleiterin für Turnen Henrike Galla konnte nur unter vielen Mühen wieder alle die Übungsleiterstellen besetzen, die im Zuge der Krise weggebrochen waren. Enrico Kleinser betont, das Turnen stehe nicht nur im Vereinsnamen, es sei weiterhin ein ganz wichtiger Faktor im Vereinsgeschehen.
Turnen ist die Quelle der Entwicklung in der Vereinsgeschichte
Er drückt das so aus: „Das Turnen ist unser Ursprung. Die Quelle der Entwicklung unseres Vereins. Eltern bringen ihre Kinder gerne zum Turnen, von dort wechseln viele später in unsere anderen Abteilungen. Auch die Eltern bleiben im Club und treiben bei uns Sport.“
In der Tat stellt die Turnabteilung ein glattes Drittel der 1800 WTB-Mitglieder. Henrike Galla ist seit zehn Jahren in der Abteilungsleitung und hat jetzt harte Zeiten hinter sich: „Seit März stand alles still. Corona hielt uns im Griff. Dann eröffnete sich die Perspektive, wieder starten zu dürfen. So einfach das klang, so kompliziert war die Umsetzung.“
Nach vielen langen Abendsitzungen hätten sie endlich ein angemessenes Hygienekonzept erarbeitet, berichtet die Abteilungsleiterin. Doch kaum hatte der Vorstand das Konzept abgesegnet, musste es aufgrund einer neuen Corona-Schutzverordnung schon wieder verändert werden.
Der Abteilungsleiterin blieb keine Zeit zum Ausruhen
Anfang September konnte der Kursbetrieb endlich wieder starten. Alle hatten das Turnen vermisst und die Hallen füllten sich schnell wieder. Regeln wurden besprochen und irgendwie akzeptiert – es blieb ja auch nichts anderes übrig. Die Kinder zeigten sich gut geschult, akzeptierten die Maßnahmen, setzten sie um und hatten trotzdem Spaß. Geschafft!? Noch nicht ganz.
Zeit zum Durchpusten blieb Henrike Galla keine: „Durch die Begrenzungen der Teilnehmerzahlen sind uns mächtige Steine in den Weg gelegt worden.“ Aber das wollte so recht keiner verstehen. Es häuften sich Aussagen wie „Wieso geht das denn jetzt nicht?“.
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Zudem klafften im Erwachsenenbereich plötzlich riesige Lücken, die nur schwer zu füllen waren: „Wir haben über die Coronazeit vier Übungsleiterinnen verloren.“ Vorwiegend aus Altersgründen. Daraufhin waren acht Kurse unbesetzt. Zum Verzweifeln: „Jetzt durften wir wieder und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollten auch. Schon standen wir vor der nächsten, noch höheren Hürde.“
Auf Anfragen meldete sich niemand – da halfen nur persönliche Kontakte
Was auch wieder keiner verstand: Das kann doch nicht so schwer sein, Übungsleiter zu finden? „Aber der Markt ist wie leergefegt. Die Nachfrage ist nicht nur bei uns im Stadtteil hoch. Auf unsere Anfragen meldete sich niemand.“
Also ließ die Ehrenamtliche persönliche Kontakte spielen und wurde schließlich doch fündig. Henrike Galla fällt ein Stein vom Herzen: „Wir können wieder alle Hallenzeiten belegen. Die Kurse sind mit neuen Übungsleiterinnen besetzt.“ Sie sei jetzt sehr glücklich: „Aber ständig muss ich das nicht haben.“
Es gibt Veränderungen in der Vereinsarbeit
Das Sport- und Gesundheitszentrum (SGZ) im Stadtbad wird vom Werdener Turnerbund gemeinsam mit DJK Grün-Weiß Werden/Heidhausen betrieben. Auch hier schlug die Pandemie voll zu.
Um die Schwimmzeiten habe es nach der Wiederöffnung Streit gegeben, so Enrico Kleinser: „Nur 50 Prozent Belegung und zusätzliche Grundreinigungen bedeuteten für uns, dass Zeiten zusammengestrichen wurden. Alle mussten sich einschränken. Unsere Schwimmmeister Michael Niehaus und Jörg Ladage haben da Großartiges geleistet.“
Kursteilnehmer haben dem WTB in der Krise sehr geholfen
Auch die anderen Sportkurse durften höchstens halb belegt werden. Was zu einer guttuenden Welle der Solidarität führte: „Die Kursteilnehmer haben uns in der Krise sehr geholfen, indem fast alle auf eine Rückzahlung von Kursgebühren verzichtet haben. Das hat uns unglaublich motiviert“, so Kleinser. In schweren Zeiten hielten die Werdener zusammen. Da aber die Kurse des zweiten Halbjahres nur zur Hälfte belegt werden könnten, fielen nun Einnahmen für den Verein weg, die fest eingeplant waren.
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Zudem trennte man sich von der langjährigen Leiterin Heike Kleine. Die Diplom-Sportlehrerin hatte dem Sport- und Gesundheitszentrum seit seiner Eröffnung im April 1994 ihren Stempel aufgedrückt. Die Nachfolge übernahmen Chiara Drüke und Susanne Weppelmann, die die Aufgabe als Team stemmen.
Es ist eine App zur Kursanmeldung geplant
Die Kursangebote sollen überarbeitet und Dinge angeboten werden, die es bisher so noch nicht gab. Dazu brauche man allerdings engagierte Übungsleiter, weiß Enrico Kleinser: „Die wachsen aber nicht auf Bäumen. Wir haben ja auch gewisse Ansprüche.“ Der WTB will sich moderner aufstellen und frischer präsentieren. Die Digitalisierung der von Katrin Berndt geleiteten Geschäftsstelle sei aufwändig, aber unabdingbar: „Zukünftig wird die gesamte Vereinsarbeit online organisiert. Natürlich soll niemand abgehängt werden. Wer also nicht im Internet zu Hause ist, kann sich weiter im Büro anmelden.“
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Der nächste Schritt sei eine App, mit der man sich bei Kursen anmelden könne. Auch sollen die Räumlichkeiten im SGZ besser genutzt werden: „Wir haben vor, die Flächen verstärkt den Werdenern anzubieten. Warum holen wir nicht Tische und Stühle vors Gebäude, setzen uns ‘raus in die Sonne und trinken einen Kaffee?“
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