Essen. Das Elisabeth-Krankenhaus war Pionier in der Schulung von Diabetikern. Patienten werden so geschult, dass sie den Alltag freier gestalten können.

Formal war es ein neues Angebot im Leistungskatalog des Elisabeth-Krankenhauses, tatsächlich bedeutete es für viele Betroffene ein ganz neues Lebensgefühl: Im Jahr 1984 ging das Diabeteszentrum an den Start und ertüchtigte die Patienten, „dass sie sich selbst therapieren können“.

So formuliert es Angelika Meier, heute Leitende Diabetesberaterin des Hauses und seit 35 Jahren dabei. Nur rund einem Dutzend Krankenhäuser in der gesamten Republik hätten damals Schulungen für Diabetespatienten angeboten, ihnen beigebracht, wie sie selbst ihre Blutzuckerwerte regelmäßig messen und so eine ganz auf sie abgestimmte Therapie entwickeln konnten.

Früher waren fast alle Diabetes-Patienten falsch eingestellt

Ein Quantensprung, schließlich mussten Patienten mit Diabetes Typ I damals mit großen Risiken leben: „Die gingen alle sechs Wochen zum Hausarzt, der eine Messung machte und danach die Therapie festlegte.“ Grundsätzlich sei Insulin nur morgens und abends gespritzt worden. Die Behandlung sei so grobgestrickt wie fehleranfällig gewesen. „Damals waren praktisch alle Patienten falsch eingestellt. Es kam zu vielen Entgleisungen, weil die Betroffenen über- oder unterzuckert waren“, erklärt Angelika Meier.

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Heute, da Glukosesensoren die Blutzuckerwerte kontinuierlich messen und Patienten mit Insulinpumpen versorgt werden, ist das kaum vorstellbar. Der technische Fortschritt hätte seine Wucht jedoch nicht entfalten können, wenn es damals nicht den grundsätzlich neuen Ansatz gegeben hätte, die Patienten selbst zu befähigen. „Heute nennt man das Empowerment“, sagt Dr. Angela Matena, Oberärztin in der Klinik für Diabetologie. Der neue Ansatz sei durch Studien begleitet worden, die belegten, dass es nun zu weniger Entgleisungen kam.

Für die Menschen haben sich Türen geöffnet, ihren Tag besser zu gestalten.“
Angelika Meier, Leitende Diabetesberaterin

„Für die Menschen haben sich Türen geöffnet, ihren Tag besser zu gestalten“, ergänzt Angelika Meier. Was heute selbstverständlich sei, war damals Revolution. Anfangs fanden die Schulungen stationär statt: Fünf Tage dauerte der Krankenhausaufenthalt mit festem Stundenplan. 1984 habe es ja noch keine Schwerpunktpraxen für Diabetes gegeben: „Ein ambulantes Netzwerk für die Patienten entstand erst nach und nach“, sagt Matena. Mittlerweile werden die Patienten ambulant und individuell geschult, Gruppenschulungen gebe es nicht mehr, ergänzt Angelika Meier.

Die von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) als Diabeteszentrum zertifizierte Klinik habe übrigens auch bei Patienten, die mit einem gebrochenen Fuß, einem Herzinfarkt oder wegen einer Gallenblasen-OP ins Elisabeth-Krankenhaus kommen, ein Augenmerk auf einen möglicherweise unentdeckten Diabetes, sagt Dr. Matena. „Wenn wir einen diabetologischen Handlungsbedarf feststellen und uns einbringen, minimiert das auch die Liegedauer und die Komplikationsgefahr.“

Viele über 50-Jährige haben Diabetes, ohne es zu wissen

Ein nicht unerheblicher Anteil der über 50-Jährigen habe einen noch nicht festgestellte Diabetes. „Typ II“, wie Angelika Meier betont. Der tritt oft (aber nicht immer) erst später im Leben auf, vorangegangen sei meist ein „schleichender Prozess“. Dagegen falle ein Diabetes Typ I unmittelbar auf: etwa durch eine ungewollte Gewichtsabnahme, großen Durst, viel Wasserlassen, Leistungsminderung und Abgeschlagenheit. „Das ist eine dramatische Manifestation“, sagt Meier.

Wenn wir einen diabetologischen Handlungsbedarf feststellen und uns einbringen, minimiert das auch die Liegedauer und die Komplikationsgefahr.“
Dr. Angela Matena, Leitende Oberärztin

Die Schulungen, mit denen Patienten lernen, „selbst Therapeuten zu werden“, hätten ihnen mehr Freiheit geschenkt – und gleichzeitig Folgeerkrankungen wie Erblindungen eingedämmt. Auch sei beim diabetischen Fußsyndrom die Zahl der gefährlichen hohen Amputationen (oberhalb des Sprunggelenks) rückläufig, sagt Angela Matena. Geschult werden am Elisabeth-Krankenhaus neben den Patienten auch Profis mit einem medizinischen Grundberuf, die zu Diabetesassistenten weitergebildet werden. Außerdem bilde man Mediziner zu Diabetologen aus, sagt Angela Matena.

Schon zum 37. Mal lädt das Krankenhaus am Samstag, 3. Februar, zum Diabetes-Tag: Lange Zeit fand der gemeinsam mit der Ärzte-Veranstaltung in der Philharmonie statt. Diesmal wird der Tag wieder im Krankenhaus und exklusiv für Patienten stattfinden, das hatten viele Besucher so gewünscht.

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