Essen-Huttrop. Zuckerkrank mit 14: Die Diagnose Diabetes ist vor allem für junge Leute ein Schock. Das Elisabeth-Krankenhaus veranstaltet nun einen Info-Tag.

23. Mai 2017. Sophia Wirths (17) aus Burgaltendorf erinnert sich bis heute an das genaue Datum des Tages, als sie die Diagnose bekam, die ihr Leben veränderte: Diabetes Typ 1, „Autoimmundiabetes“ - eine unheilbare Krankheit, deren Ursachen immer noch nicht vollständig geklärt sind. Meist wird sie im Kindes- oder Jugendalter diagnostiziert. Sophia ist eine von 120 jungen Patientinnen und Patienten, die unter der Leitung von Oberärztin Dr. Katja Konrad auf der Kinderdiabetologie des Elisabeth-Krankenhauses in Huttrop behandelt werden.

Am 7. Dezember veranstaltet das Krankenhaus nun eine Informationsveranstaltung rund um das Thema. Beim sechsten Essener Tag für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 geht es speziell um das Leben mit der Krankheit in neuen Lebensabschnitten - zum Beispiel, wenn im Jugendalter der Führerschein ansteht oder ein Auslandsjahr geplant ist.

Junge Diabetiker müssen verantwortungsbewusst sein

„Die Diagnose verlangt gerade Jugendlichen viel Verantwortungsbewusstsein ab“, weiß die Diabetologin und Endokrinologin Konrad. „In einer Zeit, in der sie eigentlich gerne autark sein wollen, müssen sie sich an viele Regeln halten.“ In der Tat: Wo andere in ihrem Alter einfach unbeschwert essen, worauf sie Lust haben, muss Sophia auf ihre Ernährung achten und immer ihren Blutzuckerspiegel im Blick haben.

Die 17-jährige hat einen Katheter unter der Haut, über den sie per Knopfdruck Insulin in ihren Körper pumpen kann. Circa sechs- bis achtmal am Tag ist das nötig. Ihre Insulinwerte werden über eine Nadel unter der Haut gemessen, Sophia checkt sie regelmäßig auf dem Handy oder der Smartwatch.

Alle drei Monate geht es zur Kontrolle, im Rahmen derer besonders die bei Diabetikern sehr empfindlichen Füße untersucht werden: Denn zu den häufigsten Langzeitfolgen von Diabetes gehören Nervenschädigungen, Durchblutungsstörungen und Infektionen am Fuß.

Was ihr jedoch zu Beginn viel mehr zu schaffen machte, war die Ablehnung Außenstehender. „Einige Leute haben sich nach der Diagnose von mir abgewendet“, erzählt Sophia. Warum genau, das wisse sie bis heute nicht. Ihr Fazit nach dieser anfänglich schweren Zeit lautet jedenfalls: „Wahre Freunde erkennt man nicht in guten, sondern in schlechten Zeiten.“

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Ärztin will gegen Stigmatisierung kämpfen

Gegen eine solche Stigmatisierung möchte Oberärztin Konrad kämpfen. „Uns ist wichtig zu vermitteln, dass an Typ-1-Diabetes keiner Schuld hat“, so Konrad. Viele Kinder und Eltern machten sich ohnehin zunächst Vorwürfe und glaubten, die Krankheit durch ungesunde Ernährung oder zu wenig Bewegung hervorgerufen zu haben. Das kann jedoch nur bei Diabetes Typ 2 der Fall sein, jenem Typ der Krankheit, an dem über 90 Prozent der Diabetiker leiden und der häufig erst im höheren Lebensalter auftritt.

Und: Die Diagnose Diabetes bedeute heute nicht mehr, dass die Lebensqualität leiden müsse. „Es gibt keine Verbote mehr“, sagt Konrad klar. So müsse man zum Beispiel auf keinen Fall Kohlenhydrate komplett vom Ernährungsplan streichen. Lediglich solle darauf geachtet werden, möglichst komplexe Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Die sind zum Beispiel in Vollkornprodukten und Kartoffeln enthalten. „Im Grunde geht es einfach darum, sich gesund und ausgewogen zu ernähren“, so die Diabetologin.

Aufklärung statt Verbote

Im Gespräch mit ihren jungen Patienten ist es Konrad wichtig, keine Tabus zu haben - auch nicht, was das Thema Alkohol betrifft. Denn obwohl der Konsum von Alkohol natürlich nicht empfehlenswert sei: „Jugendliche gehen auf Partys und trinken Alkohol, das ist einfach so.“ Konrad verbietet nicht, sondern klärt auf - dass es wichtig ist, in solchen Situationen ganz genau auf den Blutzuckerwert zu achten, bei einer Verschlechterung des Wertes schnell zu reagieren und Freunden Bescheid zu sagen, damit sie sich im Notfall kümmern.

Kinderdiabetikertag im Elisabeth-Krankenhaus

Der sechste Essener Tag für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus Typ 1 findet am Samstag, 7. Dezember, von 11 bis 16 Uhr im Elisabeth-Krankenhaus statt. Der Eintritt ist frei, es ist keine Anmeldung nötig. Im Hörsaal gibt es Vorträge, im Hörsaalzentrum finden Workshops und Seminare statt. Das ganze Programm ist auf www.contilia.de/veranstaltungen abrufbar.

Dr. Katja Konrad gibt in ihrem Vortrag von 11 bis 11.30 Uhr ein Update über die neueste Forschung und Technik im Bereich Diabetes Typ 1. Von 11.30 bis 12.30 Uhr informiert Rechtsanwalt Oliver Ebert über rechtliche Fragen: In seinem Vortrag geht es unter anderem um den Schwerbehindertenstatus, den Führerschein und Bewerbungen.

Von 13.30 Uhr bis 14.30 Uhr können Jugendliche ab 12 Jahren den Ärzten Dr. Torben Winking und Dr. Angela Matena alle brennenden Fragen stellen - vom Wechsel von der Kinder- in die Erwachsenendiabetologie bis hin zum Backpacking. Um letzteres geht es auch im Vortrag des Diabetologen Dr. Dirk Bierkamp von 14.45 bis 15.30 Uhr: Er spricht über alles Wissenswerte rund um Auslandsreisen mit Diabetes.

Sophia lebt nach dem ersten Schock verhältnismäßig gut mit der Diabetes. „In einem Monat habe ich vielleicht einen oder zwei Tage, an denen es mir nicht gut geht“, sagt die 17-Jährige. An diesen Tagen fühle sie sich erschöpft und sei müde in der Schule, ohne dass sie etwas daran ändern könne. - „Sonst kann ich solche Momente durch die Insulinzufuhr aber sehr gut regulieren.“

Und da die Lehrer alle Bescheid wüssten, werde im Unterricht Rücksicht darauf genommen, wenn sie einmal einen schlechten Tag habe. Bewusstlos ist Sophia in Folge der Krankheit noch nie geworden, auch sportliche Aktivitäten sind in der Regel kein Problem.

Manche wehren sich gegen die Diagnose

Für Konrad, die seit Tag eins Sophias behandelnde Ärztin ist, ist die Schülerin ein Paradebeispiel für den bestmöglichen Umgang mit der Krankheit: „Es gibt auch Jugendliche, die die Diagnose einfach nicht wahrhaben wollen und sich dementsprechend nicht richtig auf die Behandlung einlassen.“ Die Folge könne eine akute Unterzuckerung sein.

An dieser Stelle sei es besonders wichtig, dass junge Menschen von ihren Eltern unterstützt würden, dass zum Beispiel regelmäßig frisch gekocht und gemeinsam gegessen werde. Denn an sich, betont Konrad, sei der Umgang mit der Krankheit reine Einstellungssache. Sophia sieht das genau so - sie konzentriert sich auf den positiven Aspekt ihrer Erkrankung: „Ich habe noch nie so gesund gelebt wie jetzt.“