Essen-Kettwig. Beim Neujahrsempfang der Stadtgesellschaft im Alten Bahnhof Kettwig gab es viel Lob, aber auch deutliche Kritik. Die wichtigsten Punkte.
Es gab viel zu besprechen und die Geselligkeit sollte auch nicht zu kurz kommen: Nach nunmehr dreijähriger Pause hatten der Heimat- und Verkehrsverein (HVV), die Kaufleute von Kett-In, der Bauverein und die Interessengemeinschaft Bahnhof Kettwig am Sonntag (21. Januar) wieder Kettwiger Interessenvertreter zum Neujahrsempfang in das Bürgerzentrum an der Ruhrtalstraße geladen. Dabei dürften die lobenden Worte von Bürgermeisterin Julia Jacob, als sie eingangs von den engagierten Bürgerinnen und Bürgern als „Aktivposten“ des Stadtteils Kettwig sprach, bei den Anwesenden Balsam auf der Seele gewesen sein. Denn das Ehrenamt ist nicht nur eine erfüllende Aufgabe, oftmals ist es ebenso stressig – und Dankbarkeit ist eher selten.
Talkrunde mit Steffen Hunder auf dem roten Sofa
Ans „Eingemachte“ ging es denn auch bei der Talkrunde, die Steffen Hunder, Pfarrer i.R., mit Vertretern der einladenden Vereine führte. Auf der roten Couch, die sonst von Krimiautorinnen und -autoren besetzt ist, durfte beispielsweise Sandra Schöpkewitz, Vorsitzende der Händlergemeinschaft Kett-In, endlich sagen, was Sache ist.
Ihr fehlt nämlich unter den Kaufleuten im Stadtteil das entscheidende „Wir“-Gefühl. Die Erwartungshaltung an den Vorstand von Kett-In sei hoch, die Kritik, wenn bei Festen nicht alles rund laufe, heftig, der Wille zum Engagement niedrig. „Aber wenn wir Ideen aufgreifen wollen und eine offene Diskussionsrunde auf dem Rathausplatz anbieten, kommt keiner außer den üblichen Verdächtigen.“ Ein Thema, das zudem schon Jahrzehnte alt ist: die unterschiedlichen Öffnungszeiten im Ort. Daran habe man nichts ändern können, beklagte Schöpkewitz. Und die Beteiligung am verkaufsoffenen Sonntag beim Adventsdorf? Mickrig.
Kett-In droht das Aus, wenn sich kein neuer Vorstand findet
Dass das Vorstandskleeblatt, das im Dezember 2021 mit viel Enthusiasmus gestartet war, mittlerweile sehr konkret ans Aufhören denkt, daraus machte Sandra Schöpkewitz nun erstmals öffentlich keinen Hehl: „Wir sind für jeden Interessierten dankbar!“ Denn das Aus des Vereins droht, wenn sich keine neue Führungsriege findet.
Existenzsorgen plagen den HVV nicht, aber das mangelnde Interesse der Kaufleute habe sich beim Adventsdorf schon bemerkbar gemacht, resümierte HVV-Vorsitzende Christine Broders. Man werde versuchen, durch die Reaktivierung des „Adventskalenders“ beim nächsten Mal die Kooperation zu stärken. Was sie sich für die Zukunft wünsche, fragte Moderator Steffen Hunder. „Dass wir wieder auf 1000 Mitglieder anwachsen.“ Auch der HVV sei geschrumpft, ihm fehlten vor allem jüngere Mitglieder, erklärte Christine Broders.
IG Bahnhof Kettwig fordert den Bau der Parkpalette ein
Was der IG Bahnhof vor allem fehlt? Die Parkpalette und der Durchstich zur Ruhr. Seit sechs Jahren warte man darauf, dass die Parkpalette den Schlagloch-Ersatzparkplatz neben dem Bahnhofsgebäude ablöse, erklärte IG-Vorsitzender Wolfgang Lettow. Um den Ruhrdurchstich bemühten sich Politik und Verein sogar schon seit 18 Jahren; das Ende ist weiter offen.
Dabei ist das Bürger-, Sport- und Kulturzentrum ein echtes Pfund: „50 Leute, Haupt- wie Ehrenamtliche und Honorarkräfte, brennen für den Bahnhof“, hob Lettow hervor. Er selbst indes werde mit demnächst 75 Jahren kürzer treten. Auch andere Vorstandsmitglieder würden ihre Ämter gern in jüngere Hände legen.
Den Generationswechsel bereits vollzogen hat der Bauverein Kettwig, dessen neuer Geschäftsführer Hans-Joachim Hess berichtete über die große Herausforderung der Nachhaltigkeit im Baugewerbe- „Bis 2040 sollen wir klimaneutral sein, das geht nicht mal so eben.“ Mit den Neubauten in Ickten in Holzbauweise sowie Sanierungen im Altbestand habe man schon erste Schritte unternommen.
Zwei neue Kita-Standorte sind für 2025 geplant
Erste Schritte in puncto Schul- und Kita-Neubauten vermissen die Kettwiger von der Stadt Essen. Beigeordneter Muchtar al Ghusain konnte in seiner Rede momentan auch nur vertrösten: Die Grundschule an der Ruhr am Mintarder Weg wird später als geplant, im Laufe des Jahres 2026, ihren Betrieb aufnehmen können. Lösungen müssten für die Erweiterung des Gymnasiums gefunden werden: „Wir sind mit der Förderschule im Gespräch.“ Auch diese sei im Stadtteil gut vernetzt, eine Verlagerung an einen anderen Standort schwierig.
Ihm sei es wichtig, Kettwig auch bei der Kita-Versorgung voranzubringen, erklärte der Beigeordnete für Jugend, Bildung und Kultur. Zwei Standorte – Ringstraße und Ruhrtalstraße – hoffe man im Jahr 2025 an den Start zu bringen. Ob dies gelingt? Beim Neujahrsempfang in einem Jahr werden die am Sonntag angesprochenen Probleme im Stadtteil sicher wieder kritisch beleuchtet und neu bewertet werden.
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